Brot und Spiele
Was macht
die Faszination des Sports in der heutigen Gesellschaft aus und welche
Parallelen lassen sich zur Kunst ziehen? Die Malerin Nina Hannah Kornatz ergründete
das Phänomen von der Sinnsuche des Einzelnen, des Kollektivs, und die Rolle der
gewinnorientierten Industrie im Hintergrund. Die Suche nach einer
Figurensprache der Sportwelt veranlasste sie, neben den ihr „gewohnten“ Wegen
der Malerei andere Medien wie die Zeichnung und Installation auszuloten. Es
entstanden Ölbilder und Collagen, die die religiöse Konnotation der
Medienbilder im Sport aufgreifen. Die Verknüpfung von Sport und Kunst vollzog
sie schließlich in einer installativen Arbeit: einer Serie von Fanschals mit
den Namen bedeutender zeitgenössicher Künstler. Kern ihres Zyklus bilden
drei aufwendige großformatige Ölmalereien zum Thema Fankult. Sie stellen Fragen
zur Symbolkraft von vermeintlich Alltäglichem, zur Ideologieanfälligkeit des
Menschen, zur Subtilität des Kapitalismus und zur Heldenverehrung als
Kanalisierung spiritueller Energien.
Temporary Rage
Nicht
zuletzt beeinflusst durch die Geschichte Ihres Großvaters – der trotz
russischer Kriegsgefangenschaft eine große Liebe zu Land und Sprache
entwickelte – beobachtet Hannah Kornatz seit einigen Jahren die Kunstszene in
Russland. Während ihres Stipendiums stellte sie sich vor Allem die Frage, wie
zeitgenössische Kunst in Russland funktioniert und wie sie von der Bevölkerung
wahrgenommen wird. Gespräche mit Künstlern vor Ort führten sie immer wieder auf
das Thema Revolution, das schließlich auch ihre eigene Arbeit beeinflussen
sollte. Nach dem Vorbild von Delacroix’ Gemälde „La Liberté guidant le peuple“
erarbeitete sie ein großes Wandbild mit dem Titel „Temporary Rage“. Durch
wirtschaftliche Sanktionen des Landes war sie in ihren gewohnten
Arbeitsmaterialen jedoch eingeschränkt und beschloss kurzerhand, statt der
eigentlichen Leinwand die Abdeckfolie des Atelierbodens als Malgrund zu nutzen.
Acryl- und Ölfarbe auf Plastikfolie versprechen jedoch nur eine kurze
Lebensdauer des Kunstwerkes, da Transport und Konservierung ohne Verluste
unmöglich sind. In einer Abschlussperformance zerschnitt sie daher das Gemälde,
um die einzelnen Teile – 61 Stück, der Anzahl ihrer in Russland verbrachten
Tage entsprechend – gegen künstlerische Arbeiten ihrer neuen russischen Bekannten
einzutauschen. Die eingetauschten Objekte und eine filmische Dokumentation der
Aktion werden in Ausstellungen zu sehen sein.
1985
in Bad Nauheim geboren | 2004 Praktikum in der Werkstatt für
Gemälderestaurierung im Historischen Museum Frankfurt am Main | 2005 – 2006
Studium der Kunstgeschichte und Philosophie an der Martin-Luther-Universität
Halle-Wittenberg | 2006 – 2012 Studium der Malerei an der Burg Giebichenstein
Kunsthochschule Halle | 2010 ERASMUS - Stipendium und Auslandsaufenthalt an der
Akademie der Künste Wien | Atelierstipendium, 'A room that …' in der
Baumwollspinnerei Leipzig | lebt und arbeitet in Halle (Saale)
Ausstellungsbeteiligung
(Auswahl)
2012 SonderfART, Galerie Filser und
Gräf, Halle/Leipzig/München
2011 Nackt ist keine Tatsache, Galerie
gernegroß, Halle
2010 Marie the Ninth Passenger, Kunstraum am Schauplatz, Wien
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