Facades
Behausungen
Aufgebrochene Bildgefüge
Malerei ausschließlich als zweidimensionale Kunst zu betrachten, geht für Anja Warzecha nicht weit genug. Statt ihre Arbeiten nur auszustellen, versucht sie vielmehr, dem Betrachter neue Möglichkeiten der Annäherung an das Objekt zu bieten. An der Schnittstelle zur Rauminstallation hat sich die Künstlerin während ihres Arbeitsstipendiums daher mit den räumlichen Möglichkeiten von Malerei befasst. Dabei ging es nicht bloß um bemalte Objekte im Raum, sondern darum, mithilfe von konkaven und konvexen Formen die technischen Dimensionen von Malerei auszuloten. Das entstandene Objekt, ein innen bemalter, aufgebrochener Ikosaeder aus 14 mit Leinwand bespannten Dreiecken, zeigt im Inneren eine Landschaft und weckt die Illusion, das Gemälde neige sich dem Betrachter entgegen. Diese Illusion entsteht durch die Formen, die die schrägen Flächen wie einen zweidimensionalen Bildgrund behandeln und damit den konkaven Raum an Tiefe gewinnen lassen. Der Effekt verändert sich jedoch, sobald der Betrachter den frontalen Standpunkt verlässt: Die Malerei im Inneren scheint sich zu verzerren, die Bildbestandteile kippen und folgen der Form des Objektes mehr, als der Absicht des Bildes. Damit adaptierte die Künstlerin eine in der Malerei als Anamorphose bekannte Technik, die bereits im Mittelalter zur Verschlüsselung von Botschaften eingesetzt wurde, und bei der Bildbestandteile derart verzerrt gemalt werden, dass sie nur von einem bestimmten Standpunkt aus ein stimmiges Gefüge zeigen. Umschreitet man nun die gesamte Installation, zerfällt das Bild vollends und in den Mittelpunkt rückt die reine Form als Installation – die Gratwanderung zwischen Objekt und Malerei wird damit physisch erlebbar.