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Geschmeide – eine lange Geschichte, kurzgefasst

Mit Schmuck den persönlichen Stil, Individualität und auch Werte auszudrücken, Status oder die Zugehörigkeit zu einer Gruppe – dieses Bedürfnis ist so alt wie die Menschheitsgeschichte selbst. Überspringen wir mal die ersten paar 10.000er Jahre, obgleich auch damals schon Schmückendes in Form kunstvoller Körperbemalung, Federschmuck, Muscheln, Hölzern, Knochen bis hin zu Zähnen getragen wurden.

Mit Beginn des Metallzeitalters wurde die Hochkultur Ägypten zur Wiege der professionellen Schmuckherstellung des Altertums. Bronze, Gold und Silber, letzteres zeitweise stärker gefragt als die beiden anderen Edelmetalle, stimulierten zum Experimentieren unterschiedlicher Verarbeitungstechniken und machten die Ägypter zum Meister ihres Fachs. Es wurde graviert, ziseliert, getrieben, vergoldet und versilbert, die Preziosen mitunter besetzt mit Steinen, Elfenbein, Perlmutt und anderen kostbaren Materialien. Der Schmuck diente in vielfältiger Weise zur Zierde der Kleidung ebenso wie sämtlicher Extremitäten. Ausstaffieren konnten sich damals nur wenige Bessergestellte; freilich lag das Augenmerk damals ohnehin eher bei der Würdigung der Toten. Mit teilweise ausgesprochen reichen und prunkvollen Grabbeigaben wurden sie auf ihrer Reise ins Jenseits ausgestattet.

Welche Brisanz diese Prunksucht mitunter auch erreichen kann, zeigt ein Rückblick auf die Hochkultur der Antike. In jener Epoche des Altertums, die sich im Mittelmeerraum, geprägt von den Griechen und den Römern von etwa 1200 v. Chr. – bis ca. 500 n. Chr. erstreckt, vollzog sich auch ein tiefer Einschnitt in der Schmuckgeschichte. Die Verarbeitung verschiedener Edelmetalle, kombiniert mit Edelsteinen und anderen Kostbarkeiten, wurde stetig und beinahe rasant weiterentwickelt und perfektioniert. Doch sollte antiker Schmuck nicht nur schmücken, es wurden auch Botschaften an Menschen und Götter übermittelt. Durch das Tragen z.B. von Ohrgehängen in Form des Liebesgottes Eros sollte sich die Macht der Gottheit auf die Trägerin übertragen.

Während der Zweiten Punischen Kriege, 215 v. Chr., wurde die „Lex Oppia“ eingeführt, ein Gesetz, das die Freiheit der Römischen Frauen eingrenzte und u. a. das Tragen von Schmuck reglementierte. Denn ungeachtet der schweren Krise im Land präsentierten offenbar viele Frauen aus Nobilität und Ritterstand in geradezu provozierender Weise ihren Wohlstand in Form von Purpurgewändern und Goldschmuck. Die Frauen sollten sich durch das Gesetz wieder in den Sitten der Vorfahren wie Bescheidenheit, Genügsamkeit und Mäßigung üben. Die dachten aber gar nicht daran: Demonstrationen der Damen sorgten für die Aufhebung des Gesetzes.

Wie so oft in der Menschheitsgeschichte ist das Schöne auch mit kriegerischen Auseinandersetzungen verbunden: Auf Feldzügen wurde reiche Beute gemacht. Durch Handel mit Ägyptischen Zwischenhändlern hielten Perlen aus dem Reich der Mitte Einzug ins Römische Reich. Plinius d. Ä. berichtete: „Heutzutage kaufen die Leute ihre Kleider in China, suchen in den Tiefen des Roten Meeres nach Perlen und in der Erde nach Smaragden. Außerdem führte man die Sitte ein, die Ohren zu durchstechen: Es genügt offensichtlich noch nicht, Perlen um den Hals, im Haar und an den Händen zu tragen, sie müssen auch noch in den Körper gesteckt werden.“

Perlen symbolisierten im Römischen Reich fortan Liebe, Reinheit und Schönheit und entsprachen sinnbildlich der Göttin Venus. Sie waren Prestigeobjekt und Attribut für Wohlstand. Davon weiß auch die berühmteste Perlenanekdote aller Zeiten zu berichten: Die ägyptische Königin Kleopatra und ihr Geliebter, der römische Feldherr Marcus Antonius – beide bekannt für einen ausgesprochen opulenten Lebensstil – lieferten sich einen Wettstreit. Es galt, die exklusivste und kostspieligste Mahlzeit darzubieten. Kleopatra soll sich daraufhin eine Schale mit Essig serviert haben lassen, löste einen ihrer Perlenohrringe – laut Plinius im Wert von 10 Millionen Sesterzen, dem Gegenwert von Tausenden Pfunden Gold – und gab ihn in die Essigschale. Die Perle löste sich in der stark säurehaltigen Lösung auf, Kleopatra trank den Essig und gewann so ihre Wette.

Aufgrund der Begehrlichkeit an kostbaren Geschmeiden zunächst in der gehobenen Gesellschaft, aber zunehmend auch im Volk, entwickelte sich eine aufkommende Dekadenz. Lollia Paulina, die Exfrau von Kaiser Gaius, trug zu einem Bankett an ihrem Körper ein mit Perlen und Smaragden besetztes Gewand samt sonstigem Schmuck im Wert von 40 Millionen Sesterzen. Als Nachweis des Wertes ließ Lollia die Rechnungen der Schmuckhändler herumreichen. Kaiser Nero wiederum veranlasste die Veredlung aller möglichen Gebrauchsgegenstände, etwa seines Szepters und seines Reisebettes. Sogar einfache Theaterrequisiten bei Hofe wurden mit Massen von Perlen verziert. Bei besonderen Anlässen warf er auch Perlen unter das Volk.

So ist es nicht verwunderlich, dass diese Prunksucht tatsächlich als eine These für den Werteverfall und damit auch den Untergang des Römischen Reichs angeführt wird.

Ungeachtet dessen nehmen Schmuck und Schmuckgestaltung auch in den nachfolgenden Jahrhunderten einen festen Platz im gesellschaftlichen Leben ein und werden zum Ausdruck eines Zeitgeistes der jeweiligen Epoche.

Im Mittelalter wurde Schmuck nicht nur zur Zierde eingesetzt, sondern auch als Geldersatz oder zum Tauschen genutzt. Oftmals wurden wertvolle Schmuckstücke eingeschmolzen und praktisch recycelt in neue Formen gebracht. Die Neukreationen waren geprägt durch kulturelle Einflüsse und Symbole, darunter oft mystische Formen aus dem keltischen oder germanischen Bereich. Vielfach war nun das Kreuz als Synonym für den Beginn des christlichen Abendlandes zu sehen.

Die Romanik übernahm das Kreuz als ein zentrales Symbol. Als Epoche der Sakralkunst wurden im Auftrag von Klöstern vielfach Schmuckgegenstände aufwändig gestaltet. Aber auch der gehobene Stand des Adels oder des Geldadels, also reiche Kaufleute, meldeten Bedarf an, und somit produzierten Goldschmiede erstmals auf Vorrat. Als neues Material hielt Emaille Einzug und wurde prägend für die Gestaltung der Preziosen.

Die Renaissance als Aufbruch zur Neuzeit brachte dann durch Rückgriffe, aber auch durch Innovation eigene Moden für Kleidung und die Schmuckgestaltung hervor. Aufwändig gestaltete und verzierte Gewänder wurden durch schwere goldene Ketten, Haarreifen, Haarschmuck und Perlen bekrönt. War der Goldschmied einst ein Handwerker, wurde er in der Renaissance in den Stand des Künstlers erhoben.

Die Zeit des Barocks war auch schmuckkünstlerisch ganz dem französischen „Sonnenkönig“ verpflichtet; eine Zeit der Opulenz und Dekadenz. En vouge waren vor allem Diamanten. Den Wünschen der Kundschaft der beinahe ausnahmslos gehobenen Schicht folgend, übertrafen sich die Kreateure und schufen prunkvolle und pompöse Geschmeide.

Mit der Neuzeit vollzog sich aufgrund von technischen Fertigungsmöglichkeiten, darunter auch die synthetische Herstellung von Schmucksteinen, ein bahnbrechender Wandel. Schmuck wurde quasi inflationär und für jedermann erschwinglich. Dank des rasanten gesellschaftlichen Wandels und den damit verbundenen Moden waren den Kreativen im Hinblick auf Design und Material praktisch keine Grenzen gesetzt. Kostbare Geschmeide oder Modeschmuck, handgefertigt, kunstvoll gestaltet oder auch industriell produziert, in organischen oder abstrakten Formen, aus ungewöhnlichen Materialien oder Edelmetallen – all das trug zu Stilbildung, unermesslicher Vielfalt und Schönheit bei.

Schmuck ist bis heute auch Symbol von Bräuchen und. Ganz unsymbolisch darf er aber einfach Freude bereiten. Denn wie wusste schon die Grande Dame der Mode- und Schmuckgeschichte, Coco Chanel, vortrefflich zu formulieren: „Schmuck ist nicht dazu da, Neid zu entwickeln, bestenfalls Staunen!“

 

23. März 2020

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