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Zartheit, Verletzlichkeit, Mächtigkeit

Marc Fromm: „Die Laborantin“, 2020, Lindenholz, Öl, 345 x 135 x 85 cm

Als Marc Fromm „Die Laborantin“ plante, Anfang des Jahres, war ein Virus namens Corona noch eine weit entfernte Gefahr. Noch nicht bedrohlich, noch nicht einschränkend. Der Bildhauer schuf die imposante Figur ursprünglich für eine Ausstellung in einem Labor. Sogar eine Maske sollte sie tragen! Dann aber rollte die Viruswelle auch durch Deutschland, zerschlagen hatten sich damit die Ausstellung und die Umsetzung der Maske. „Ich wollte das dann nicht mehr. Es hätte wie ein banaler Kunstgriff ausgesehen“, sagt Marc Fromm, „ohne Corona wäre die ,Laborantin‘ mit Maske spannend gewesen. Später nicht mehr.“

Geblieben, glücklicherweise, ist die Figur der „Laborantin“: fast dreieinhalb Meter hoch, aus Lindenholz, bemalt mit Ölfarbe. Geblieben ist, trotz fehlenden Schutzes vor dem Gesicht, die Anmutung der Zerbrechlichkeit des menschlichen Körpers, ihre Verletzlichkeit, ja ihre Dünnhäutigkeit. Das Kunststück, diese zarte Seite hervorzuheben bei einer solch mächtigen Figur, ist Marc Fromm wunderbar gelungen.

Geblieben ist auch der Titel der Skulptur. Die Arbeiten Marc Fromms tragen häufiger Berufsbezeichnungen. Mit ihnen symbolisiert er Einendes: „Die ,Näherin‘ zum Beispiel ist eine Metapher für die Verbindung fremder Kulturen, indem sie aus zwei Teilen eines macht“, sagt der Bildhauer. Bei der „Laborantin“ wiederum zeige sich die Verbindung zwischen Mensch und Natur. Auch dieses Verhältnis findet sich häufig in den Arbeiten Marc Fromms, dargestellt oft als Erhabenheit des Menschen über die Natur. „Spätestens seit Corona wissen wir aber, dass das unangebracht ist. Die Natur hat sich als stärker erwiesen“, so Marc Fromm. Aber wie bei den von ihm gestalteten bunten Gräbern, bei der „Näherin“ oder der „Laborantin“ – eines zeigt sich in all diesen Werken: Zuversicht. Sie sei seine Grundhaltung, sagt der Künstler.

Wenngleich sich der Holzbildhauer nicht direkt auf die Schnitzkultur der Renaissance bezieht, erinnern doch seine Technik und die Bildsprache daran. Marc Fromm dazu: „Die archaische Technik des Bildschnitzens reflektiert unseren rasenden Medien-Alltag mit ihrem unendlichen Strom von Bildern und stellt ihn gleichzeitig in Frage – ein Arbeiten gegen die Zeit oder eine Provokation in Zeit.“

„Die Laborantin“ ist so konstruiert, dass sie sich auseinandernehmen und damit gut transportieren lässt. So kann sie aus Stuttgart, wo sie in einer Ausstellung zu sehen war, nun nach Halle reisen. In den Räumen der Kunststiftung wird sie bis zum 31. Januar 2021 zu sehen sein. Später im Jahr dann soll sie, so ist zumindest der Plan, auf einer Kunst-Messe gezeigt werden. An seiner nächsten großen Skulptur arbeitet der Künstler bereits. Ob er thematisch wieder so ins Schwarze treffen wird, ist vorerst offen. Eines aber, davon muss ausgegangen werden, wird auch dieses Werk ausstrahlen: Zuversicht.

 

Vita

1971 in Langen/Hessen geboren │ 1999 – 2006 Studium an der Burg Giebichenstein – Hochschule für Kunst und Design Halle │ 2003 Erasmusstipendium: Ecoles des beaux arts Bordeaux, Frankreich │ 2004 1.Preis IOC Kunstwettbewerb Nationaler Vorentscheid „Kunst und Sport“ │ 2008 Arbeitsstipendium der Kunststiftung Sachsen-Anhalt │ zahlreiche Ausstellungen der Arbeiten u.a. 2000 in der University of Arts Philadelphia,USA, der Rock and Hamper Gallery, New York, USA, der Fakuldade de belas artes da universidade de Lisboa, Portugal sowie dem Skulpturenpark Dietzenbach │ 2006 im Museum der Bildenden Künste, Leipzig │ 2008 in der Galerie im Volkspark, Halle/Saale, der Zern Galerie Berlin sowie 2009 in der Villa Oppenheim, Berlin, in der Hamish Morrison Galerie, Basel, Schweiz, sowie bei der Preview in Berlin │ 2015 Kunstpreisträger des Landes Sachsen-Anhalt │ 2016 1. Platz beim Kunst-am-Bau-Wettbewerb zum Finanzamt Halle (Saale) │ 2018 1. Preis Hirschquartier Halle, Kunst am Bau │lebt als freischaffender Künstler in Halle (Saale)

 

 

Marc Fromm vor seiner "Laborantin" (Foto: M. Warmuth)

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