Grafikserie VIII
Die traditionelle Technik des Webens, insbesondere die von den Künstlerinnen und Künstlern des Bauhauses entwickelte Farb- und Formensprache, inspirierte Linda Grüneberg. Dabei lag ihr Fokus auf dem Entwurfsprozess. Deshalb wählte sie das Raster des Patronenpapiers als Grundlage der eigenen Werke. Patronenpapier wird traditionell im Webhandwerk zum Zeichnen von Textilmustern verwendet. Dieses setzte Linda Grüneberg als Linolschnitt um: Der Druckstock wurde mit einer feinen, gelaserten Gitterstruktur versehen. Ausgehend von einfachen Formen und elementaren Regeln – insbesondere von Gunta Stölzls Wandteppich „5 Chöre“ – entstanden Arbeiten, die in ihrer geometrischen Formensprache und minimalistischen Ästhetik die Essenz der Bauhaustextilien aufgreifen. Ausgeschnittene Schablonen übertrug die Künstlerin mit Stupfpinsel präzise in das vorgegebene Muster des Patronenpapiers. Die Arbeiten sind weder illustrativ noch figurativ, noch geben sie spezifische Emotionen wieder. Sie sind in sich selbst geschlossen und streben nach Harmonie und Schönheit.
Frottagen // Serie IV
Im Rahmen eines Arbeitsstipendiums entstand 2018/ 2019 ein neuer druckgrafischer
Arbeitszyklus. Ausgangspunkt für Linda Grünebergs konzeptionellen
Druckgrafiken ist die Jahrtausende alte Kulturtechnik des Flechtens, die seit
2016 als immaterielles Kulturerbe anerkannt ist. Aus schmalen Papierstreifen
fertigte die Künstlerin großformatige, ebenmäßige Flechtarbeiten. Mit einem
Abdruckverfahren übertrug sie die textilen Strukturen auf Japanpapier. Die so
entstandenen Bilder sind nicht nur ein detailliertes Abbild der geflochtenen Form
- sie enthüllen vor allem die innere Konstruktion ihres Gefüges und offenbaren
ihre strukturbedingen Muster.
Linda Grüneberg beschäftigt sich in ihren grafischen Arbeiten thematisch mit
dem Textilen: Es ist Idee, Mittel und Thema in ihrer Arbeit. Das Textile ist für sie
ein interessantes Medium, dem das Sinnliche des Taktilen wie auch das Immaterielle
einer geistigen Durchdringung, eines Systems innewohnt. Diese beiden
Aspekte möchte sie in ihren Bildern transportieren.
Begleitend zu dem Stipendium entstand ein Arbeitsbuch, das Recherchematerial
sowie Arbeitsproben versammelt und anschaulich präsentiert. Dem graphischen
Druckverfahren ging eine intensive Phase der Materialrecherche und der technischen
Erprobung voraus. In zahlreichen kleinformatigen Versuchsanordnungen
unternahm die Künstlerin Formexperimente. Je nach Rhythmus und Bindungsart
entstehen im Flechtprozess unterschiedlich gemusterte Oberflächen. Modifikationen
von ein und derselben Bindung können einen erheblichen Einfluss auf das
resultierende Druckbild ausüben. Mithilfe der Frottagetechnik überträgt Linda
Grüneberg die Strukturen auf Japanpapier. Die Frottage als ein Abdruckverfahren
wird ebenfalls seit Jahrtausenden benutzt und ist, wie das Flechthandwerk, eine
einfache und ursprüngliche Technik.
1984 in Löbau geboren | 2005–2007 Ausbildung zur Holzbildhauerin Abschluss | 2007–20011 Studium der Bildhauerei an der Hochschule für bildende Künste in Dresden| 2011–2015 Studium an der Burg Giebichenstein Kunsthochschule Halle in der Klasse für Bild/Raum/Objekt/Glas bei Christine Triebsch, Abschluss mit Diplom | 2018/19 Stipendiatin der Graduiertenförderung des Landes Sachsen-Anhalt | 2021 Katalogstipendium der Ostdeutschen Sparkassenstiftung | zahlreiche Ausstellungsbeteiligungen u. a. in Leipzig, Dresden, Halle, Wismar und Karlsruhe | lebt und arbeitet in Halle (Saale) (Stand: November 2024)