im Saaletal
Malerische und grafische Darstellung des Gegenübers von Realität und Irrationalität
Eine überfeinerte Sensibilität lässt Steffen Braumann in den betäubten Zuständen zwischen Wachen und Schlafen zwanghaft den Kampf von Vitalität und Mortalität erleiden, das hinter der sichtbaren Realität drohende Grauen. Zur Befreiung von den dämmrigen Gebilden treibt es ihn zur Radiernadel, zum Stift, mit denen er seine Gesichte auf das Metall, das Papier bannt, um sie zu veräußerlichen und damit zumindest für den Moment beherrschbar zu machen. In seinen Bildern kehrt Erlebtes in verfremdeter, oft auch makabrer Form wieder. Von keinem kühl kalkulierenden Geist, doch sicher und eindringlich ist das feine Lineament geführt – von einem Künstler, der auch zartere Bildfindungen souverän zu meistern versteht.
Harzreise
Der Künstler hat während seiner Arbeitsaufenthalte im Harz Ideen und Skizzen gesammelt und insgesamt 14 Aquatinta- Ätz- und Kaltnadelradierungen geschaffen sowie 10 Bleistiftzeichnungen im Format 40 x 50 cm. Parallel sind dazu 18 Gedichte entstanden, welche Reflexionen über die Existenz und das Geschehene sind. Das Thema seiner künstlerischen Arbeit war die Auseinandersetzung mit Mensch und Tier. Der Harz mit seinem großen Facettenreichtum an Eigentümlichkeiten und Bilderwelten, die in ihm die Empfindung von Leere und Vergänglichkeit hervorrufen, erschien ihm dazu als ein passender Ort. Der Künstler hat menschliche Wesen im Bildorganismus, eingekapselt in Naturverfallenheiten und in spielenden Handlungen mit Tieren, dargestellt. Wichtig war ihm dabei, diese phantastischen Bildwelten möglichst real wirken zu lassen.
"Seit seiner Kindheit besucht der Künstler das Gebirge. Dunkle Täler, geheimnisvolle Misch- und Nadelwälder, einsame Häuser versetzen den Künstler wegen seiner überfeinen Sensibilität in eigentümliche Stimmungen. Vergangenheit wird lebendig, parallele Realitäten erscheinen, die Wirklichkeit schwindet. Für Braumann ist es, als hätten Landschaft und Orte längst verflossene Tage gespeichert – sie erstehen ihm wieder, lassen ein Gefühl von Leere und Vergänglichkeit zurück. Zwanghaft wird der Kampf zwischen Vitalität und Mortalität durchlebt, das hinter der sichtbaren Realität drohende Grauen. Menschliche Wesen treffen auf bizarre Gestalten, die die große Tradition grotesker Bildfindungen wie die Breughels, Boschs und Ensors weiterführen."
Ines Janet Engelmann, Kuratorin der Stipendiatenausstellung "Follow the Lines!"