KULTURISTIK
Den Bildhauer beschäftigten zwei Themen: die in Weißrussland stattfindenden, maßgeblich von Frauen angeführten, Proteste und die Person und Bodybuilderin Betty Pariso, die in einem Vorhaben zusammenfließen sollen. Vladimer Khartishvili entwickelte die Idee zu einer Frauenplastik, die sich die heroische Gestalt des Herakles angeeignet hat, wobei die Körperproportionen und Muskeln an die von Bodybuilderinnen erinnern. Aber auch Machthaber wie Lukaschenko und Putin posieren gerne in ähnlicher Gestalt. Von der Thematik inspiriert, wollte der Künstler zwei identische Figuren entwickeln: eine im Stil der griechischen Klassik und eine im hyperrealistischen Stil. Die Skulpturen sollten in Ton modelliert und in Steinimitat und Silikon übersetzt werden und dann in einer Rauminstallation einander gegenübergestellt werden. Zu Beginn führte er umfangreiche Recherchen zu den Körpermaßen von Bodybuilderinnen durch und legte ein digitales Bilderarchiv an. Dazu entstanden zwei Videoarbeiten. Zudem recherchierte er, wie Frauenkörper im Verlauf der Kunstgeschichte dargestellt wurden. Durch Materialexperimente musste der Künstler feststellen, dass Ton für das Modellieren der lebensgroßen Figur nicht geeignet ist, um im Anschluss (und wie geplant) mit additivem Silikon abgeformt zu werden. Deswegen musste auf das teurere Material Plastilin umstiegen und das bereits begonnene Tonmodell verworfen werden. Da er kein lebendiges Modell zur Verfügung hatte, dauerte der Prozess des Modellierens länger als ursprünglich gedacht. Er studierte erneut Anatomie-Bücher, um gewisse Körper-Unklarheiten an seiner Figur zu lösen. Zum Ende des Arbeitsstipendiums ist die Formfindung und Modellierung abgeschlossen worden.
WANDLUNG
In dem Experimentalfim hat sich der Künstler
mit dem Altwerden und damit einhergehenden Einschränkungen der Sehkraft
auseinandergesetzt. Während des Films durchlebt der Zuschauer zusammen mit der
Protagonistin vier Phasen ihrer Erblindung. Die Abnahme der Sehleistung wird
u. a. durch das zunehmende Verdunkeln des Bildes dargestellt und bedeutet so
auch eine Einschränkung für den Betrachter, der schließlich kaum mehr als die
Umrisse im Bild erkennt. Der Film zeigt im Wesentlichen vier Szenen, die sich aus
realen und animierten Sequenzen zusammensetzen. Die erzählte Zeit umfasst die
vier Jahreszeiten, wobei jede Szene - Sommer, Herbst, Winter, Frühling - 5
Minuten dauert. Als animierte Videosequenzen kommen Traumbilder hinzu, die
quasi aus der Erinnerung der Protagonistin stammen und die zunehmende
Dunkelheit überlagern. In das Drehbuch sind Gespräche mit alten Menschen der
Region ebenso wie persönliche Erfahrungen des Filmemachers eingeflossen: die
Erzählungen seiner erblindeten Großmutter und ein Experiment, bei dem er
mehrere Tage mit einer Augenbinde verbracht hat.
0831. Ein Animationsfilm
Der experimentelle Animationsfilm „0831“ erzählt uns die Geschichte eines außergewöhnlichen Paares, einer Schraube und einer Mutter. Sie leben in einer utopischen Welt, in der die Bewohner auf Funktionen und Nummern reduziert werden. Beginnend mit einem normalen Szenario, beide Figuren sitzen zu Hause auf der Couch, führt der Film in eine dramatische Richtung: Das Paar wird über die Medien aufgerufen, sich als Bauteil zur Verfügung zu stellen.
Der Film wirft einen kritischen Blick auf gesellschaftliche Konstruktionen und deren ordnungsgebende Codierungssysteme.
2014 | Farbe | 12:00 min
Drehbuch, Animation, Schnitt, Effekte: Lado Vladimer Khartishvili und das Künstlerkollektiv „Bouillon Group“
Soundmontage: Lado Vladimer Khartishvili, Dato Janezashvili, Claus Störmer
1985 in
Ordjonikidze (UdSSR) geboren, aufgewachsen in Tbilisi (Georgien) | 2001–2007 Studium
an der Apolon-Kutateladse-Akademie der Künste Tbilisi | 2008 Gründung der
Künstlergruppe BOUILLON GROUP | 2009–2013 Meisterschülerstudium an der Burg
Giebichenstein Kunsthochschule Halle | Auswahl an Performances mit der BOUILLON
GROUP: 2011 „WEIGHTLIFTERS“, Galerie für Zeitgenössische Kunst, Leipzig, sowie
„ AEROBICS“, Museum für Zeitgenössische Kunst in Krakow (Polen), 2013 „ SUPRA“,
Theater, Künstlerhaus Wien (Österreich), sowie „RELIGIOUS AEROBICS“,
Georgischer Pavillon, 55. Biennale Venedig (Italien), 2014 „SUPRA“, Nowy Teatr,
Warschau (Polen) sowie „AEROBICS“, Marabouparken Art Gallery, Stockholm (Schweden), 2015: dass.
KAAI-Theater, Brüssel (Belgien) | lebt als freier Künstler in Halle (Saale)