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Donnerstag,
25. November 2021

bis Donnerstag,
25. November 2021
Lesung | Bernburg
c/o Olga-Benario-Straße 16/18, 06406 Bernburg

Heimat. Geschichte eines Missverständnisses

HEIMATSTIPENDIUM#2: Vortrag von Susanne Scharnowski

Im Rahmen des HEIMATSTIPENDIUMS#2 hält die Autorin Susanne Scharnowski einen Vortrag zum Thema „Heimat. Geschichte eines Missverständnisses“.

Verklärt, angefeindet, wiederentdeckt: All das trifft auf den Begriff „Heimat“ zu.
Susanne Scharnowski hat sich mit diesem Begriff auseinandergesetzt und ein Buch darüber geschrieben, das in Zeiten von Brexit und Flüchtlingspolitik aktueller kaum sein könnte. Ihr Vortrag beleuchtet unser Heimatbewusstsein und zeigt, dass Heimat für jeden etwas anderes ist.

In ihrem Buch heißt es: „‚Heimat‘: Das ist etwa seit den 1960er Jahren ein ‚belastetes‘ Wort, dessen Brisanz in erster Linie damit zu tun hat, dass es seit dem 19. Jahrhundert immer wieder politisch vereinnahmt und für Propaganda instrumentalisiert wurde – im Ersten Weltkrieg, im Nationalsozialismus, aber auch in der DDR. Zudem ist das Wort nach wie vor ein Signalwort am rechten politischen Rand: Schon lange bezeichnet sich die NPD als „soziale Heimatpartei“. Nicht zuletzt wird deshalb das Wort ‚Heimat‘ in politischen Debatten immer wieder auch als Stigmawort verwendet: Aus der Sicht ihrer Kritiker ist Heimat ein spezifisch deutsches, dumpfes, ressentimentgeladenes Konstrukt, das unauflöslich mit Nationalismus, völkischem Denken, rassistisch motivierten Ausgrenzungsbestrebungen und letzten Endes mit Nationalsozialismus, Angriffskrieg und Völkermord konnotiert wird. Dennoch: Umfragen der vergangenen Jahre ergaben‚ dass die meisten Deutschen positive Assoziationen mit dem Wort verbinden, und auch eine neue Studie an der Universität Bremen kommt zu dem Ergebnis, dass Heimatverbundenheit nichts mit ‚rechtem Gedankengut‘ zu tun hat, sondern im Gegenteil einen Indikator für gelungene Integration und einen Hinweis auf Demokratie- und Institutionenvertrauen darstellt. Heimatverbundenheit beruht demnach nicht nur auf dem sozialen Umfeld am Wohnort, sondern z.B. auch auf der Identifikation mit heimatlichen Landschaften und Traditionen. Doch eine Identifikation mit der Heimat ist unter Umständen schwierig, zum einen, weil Individuen ihre Heimat auch als einengend und beklemmend empfinden können, zum anderen, weil Heimatort oder Heimatland bei genauerer Betrachtung in weniger rosigem Licht erscheinen. Die Versuchung ist groß, sich auf das Positive zu konzentrieren. Doch es führt in die Irre, Heimat entweder als heile Welt und Idylle oder als Schreckbild darzustellen: Heimat ist vielschichtig und zwiespältig.“

Der Vortrag wird diskutieren, warum Heimatverbundenheit und ein kritisches Heimatbewusstsein einander nicht ausschließen – und warum Heimat und Heimatverbundenheit trotz allem notwendig sind.

 

Susanne Scharnowski, *1960, lehrt an der Freien Universität Berlin zur Kulturgeschichte der Natur und des Essens, zu Heimatvorstellungen in Film und
Literatur. Sie publizierte die Monografie „Heimat. Geschichte eines Missverständnisses“.

Donnerstag, 25.11.2021, 17 Uhr

Gedenkstätte für Opfer der
NS-„Euthanasie“ Bernburg

c/o Olga-Benario-Straße 16/18, 06406 Bernburg

Eintritt frei

Um eine Anmeldung unter heimat@kunststiftung-sachsen-anhalt.de wird gebeten.

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