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Alle so schön geföhnt hier

Sebastian Gerstengarbe hat den fiktiven SALON NOVALIS geschaffen

Das eine und einzige Porträt von Novalis, häufig kopiert, lasse die Vermutung zu, dass dem Romantiker seine eigene Frisur keineswegs egal gewesen sei. Naheliegend also, sagt Sebastian Gerstengarbe, einen Friseursalon einzurichten: den SALON NOVALIS, großformatig auf insgesamt drei Wände gezeichnet.

Angesiedelt ist der Friseur- und Barbiersalon am bis heute unverändert gebliebenen technischen Denkmal Gradierwerk Bad Dürrenberg. Das war eine der Wirkungsstätten des Georg Philipp Friedrich von Hardenberg. Als Salinenassessor und Mitglied des Salinendirektoriums war Novalis ein voll im Leben stehender berufstätiger Mann.

Ein fiktiver Salon also entstand unter den Händen des Grafikers, modern – heutig – eingerichtet, der Blick durchs Schaufenster geht auf die historische Silhouette Bad Dürrenbergs. Eine imaginäre Brücke durch die Zeit. An einer Wand, sehr prominent, prangt die Haarpracht des Novalis‘.  „Aus Denkfrisur wird Denkfigur“, so Sebastian Gerstengarbe, also: „heute neu denken lernen“. Mit Gedanken also, die aus dem Kopf sprießen.

Und drin im Salon sitzen die sieben Autoren mit ihren Geistesmenschenfrisuren, die sie sich hier im theoretischen SALON NOVALIS waschen, schneiden, legen lassen können. Literaten, die sich für die Widmung an Novalis ihre ganz eigenen Gedanken zu ihm gemacht haben, nachlesbar in diesem Blatt. Und auch im Austausch über den Romantiker zu erleben – „Haben Sie übrigens auch gehört, was der kleine Racker der von Hardenbergs jetzt schon wieder angestellt hat?“ – in den Zeichnungen zu entdecken, mittels QR-Code zu hören.

Eine Erzählung von Alltag und Poesie also oder, wie Sebastian Gerstengarbe es ausdrückt, von Banalem und Poetischem. Vor allem aber von Humor: „Das soll ganz im Gegensatz stehen zu der Behauptung, dass die Romantiker humorlos waren. Das kann ich mir nicht vorstellen.“ Mit der Bedeutung von Novalis habe er sich hingegen kaum beschäftig, sagt der Grafiker. Ihm sei es um den inhaltlichen Austausch gegangen: „Ich wollte ihn in die Gegenwart ziehen.“

 

Sebastian Gerstengarbe wurde 1973 in Halle (Saale) geboren. 1992 bis 2000 absolvierte er Studium und Aufbaustudium (Malerei und Grafik) an der Hochschule für Bildende Künste Dresden und an der Hochschule für Kunst und Design Halle Burg Giebichenstein. Von 2007 bis 2015 war er künstlerischer Mitarbeiter im Fachbereich Grafik an der Kunsthochschule in Halle. Er gestaltet regelmäßig das Titelbild des Monatsprogramms vom Puschkino und arbeitet u. a. als freier Kurator und Gestalter (Stadtmuseum Halle, Ostdeutsche Sparkassenstiftung). 2022 gab er gemeinsam mit Nora Mona Bach das von der Kunststiftung geförderte Buch „Die Zukunft ist das neue Ding“ beim Mitteldeutschen Verlag heraus.

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