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Auf den Spuren Bartholomäus Ziegenbalgs

 

Als „Tharangambadi Reports“ werden Stefan Schwarzers in Indien angefertigte Zeichnungen und Tagebuchtexte in einer Collage mit ausgewählten Briefen, Berichten und Kupferstichen aus den „Halleschen Berichten“ aus dem 18. Jahrhundert sowie Interviews mit den Einwohnern in einem Künstlerbuch vereint. Dieses wird voraussichtlich im Mai im Verlag der Franckeschen Stiftungen veröffentlicht.

 

 

In den sogenannten „Halleschen Berichten“, 188 an der Zahl und archiviert in den Franckeschen Stiftungen, schrieb Bartholomäus Ziegenbalg seine Erfahrungen nieder; Tagebucheintragungen finden sich darin, Abhandlungen, statistische Größen, Briefe, Nachrufe. Die protestantische Missionszeitschrift mit für die damalige Zeit hoher Auflage brachte, einfach gesagt, die indische Gesellschaft, ihre Kultur, ihre Religionen, nach Europa. Immerhin ist die Rede vom 18. Jahrhundert, eine Zeit also, in der es den wenigsten Menschen vergönnt war zu reisen. Zu Ziegenbalgs Aufgaben gehörte auch die „Malabarische Korrespondenz“: Hallenser stellten Fragen, die der Missionar in Südindien beantworten ließ und veröffentlichte. Was essen die Einwohner? Was trinken sie? Wie sind sie gekleidet? Wie wohnen sie?

Die Korrespondenz und die „Halleschen Berichte“ hatte Stefan Schwarzer bei sich, als er im vergangenen Jahr im Rahmen des Indien-Stipendiums der Kunststiftung nach Tharangambadi, dem ehemaligen Tranquebar, reiste. Die Berichte hatten ihn interessiert, ja inspiriert, nun wollte er den Spuren Bartholomäus Ziegenbalgs folgen. Mehrere Projekte hat der Künstler innerhalb der Stipendienzeit realisiert, eines davon ist sein Buch „Tharangambadi Reports“, das voraussichtlich im Mai im Verlag der Franckeschen Stiftungen Halle erscheint.

Stefan Schwarzer hat zuvor bereits viele Projekte im Ausland durchgeführt; er ist viel gereist, hat unter anderem eineinhalb Jahre in Havanna gelebt, hat bereits Bücher veröffentlicht. In Tharangambadi wollte er in einen Dialog mit den Einwohnern und der Geschichte treten, gerade auch mit dem Subtext Kolonialisierung und Missionierung.

In dem Künstlerbuch nun führt er seine Erfahrungen und die des Missionars zusammen – anhand angefertigter Zeichnungen und Tagebuchtexten in einer Collage mit ausgewählten Briefen, Berichten und Kupferstichen aus den „Halleschen Berichten“ aus dem 18. Jahrhundert sowie Interviews mit den Einwohnern. Thematisch widmet er sich dabei zwei Feldern: zum einen den Menschen, zum anderen ihren Häusern. Bei ersterem greift er die oben erwähnten Fragen auf, zwei bis drei stellt er jeweils zufällig ausgewählten Intervierpartnern. Mit Gebäuden beschäftigt sich Stefan Schwarzer hingegen schon lange; in Tharangambadi fand er die Häuser besonders interessant, weil diese stark an Religionen ausgerichtet sind – Kreidezeichnungen auf dem Boden vor den Eingängen der Behausungen hinduistischer Bewohner zum Beispiel oder mit Gottheiten verzierte Fassaden. Starke Kontraste prägen die Architektur, die Häuser sind sehr bunt, mitunter nur bruchstückhaft gebaut. Stefan Schwarzer hat sie gezeichnet aus verschiedenen Perspektiven, hat sie nach seiner Wahrnehmung künstlerisch verarbeitet. Und er hat die Bewohner befragt, nach ihrer Lebensweise, nach dem Erbauer ihres Hauses.

Stefan Schwarzer macht mit seinem Buch das alte Tranquebar lebendig, gleichzeitig holt er das heutige Tharangambadi in unser Bewusstsein. Samt dem Missionar Bartholomäus Ziegenbalg. Denn während heute in Deutschland kaum jemand diesen Namen kennt, ist er in Südindien nahezu allgegenwärtig. Die Stadt, hat Stefan Schwarzer erfahren, ist geprägt von Ziegenbalg, es gibt Monumente und Statuen; der Missionar ist eine Art Volksheld, selbst unter Hindus und Muslimen. Das Buch „Tharangambadi-Reports“ dürfte also auch für die Inder interessant sein. Über eine entsprechende Übersetzung des Werkes wird bereits nachgedacht.

Auf den Spuren von Bartholomäus Ziegenbalg wandelte Stefan Schwarzer in Tharangambadi (aus: "Tharangambadi-Reports")

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