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Kleopatra – Bernhard Elsässer: Halsschmuck

Bernhard Elsässer: Kette aus der Serie „Blow up“

Die „Poesie der Dinge“ ergibt sich für Bernhard Elsässer vor allem aus ihrer Ästhetik. Nicht, wie sonst meist, aus Funktion und Form, Material und Herstellungsverfahren und vor allem aus ihrer Verwendung. Der Designer wollte eine zeitgenössische Schmuckserie unter Verwendung innovativer Fertigungsprozesse schaffen. Alltagsgegenstände sollten durch die geänderte Bedeutung in einem neuen Kontext erscheinen; Bernhard Elsässer wollte dechiffrieren, manipulieren und interpretieren. Er verwies dabei auf Altes und schuf Neues, inhaltliche und formale Grenzen wurden von ihm ausgelotet.

Bernhard Elsässer stellte den Schmuck an sich in den Mittelpunkt der inhaltlichen Auseinandersetzung mit Dingen. Schmuck wurde so selbst zum Gegenstand seiner Überlegungen. Nicht Dinge sollten zu Schmuck werden, sondern Schmuck wird als Ding zu Schmuck – Schmuck wird zu Schmuck.

Für die Umsetzung legte der Künstler zunächst seine „Bibliothek der Dinge“ an, als Feldforschung sozusagen. Die ausgewählten Objekte waren zumeist Fundstücke oder Geschenke, die wenigsten von ihnen hatten einen hohen materiellen Wert. Dafür aber eine bestimmte Farbe oder Form und Materialästhetik oder eine interessante Herkunft. Die Poesie der Dinge eben. Jeder Gegenstand bekam eine Zahl; durch den Zufall des Loses ließ Bernhard Elsässer drei Gegenstände ermitteln: eine Bierflasche, einen Einmachgummi und eine Sodakartusche. Sie wurden Objekte für die Umdeutung und Interpretation.

Drei Klassiker der Schmuckwelt dienten Bernhard Elsässer als Objekt der inhaltlichen und gestalterischen Verwandlung: die Gliederkette, die Perlenkette und das Collier. Diese drei sollten zur Übersteigerung ihrer ursprünglichen Bedeutung im wahrsten Sinne des Wortes ‚aufgeblasen‘ werden. Hierfür wurden die Archetypen des Schmucks piktogrammartig vereinfacht und in einem auf Vektoren basierenden Computerprogramm digital gezeichnet. Die Modellierung über Software-Tools ist dann auf einer CNC-gesteuerten Stepcraft-Maschine umgesetzt worden. Konkret wurden zwei Schichten einer metallisch bedampften Folie aus Polyester verschweißt, und so entstand die Serie ‚Blow-up‘. Ihre Stücke sind eindrucksvoll in ihrer Mächtigkeit und ihrem Glanz, dem Gold und der Üppigkeit. Und dabei so leicht wie … Folie eben.

 

Den Halsschmuck von Bernhard Elsässer trägt Kleopatra, genauer Kleopatra VII Philopator, denn um genau jene geht es in der Regel, wenn man sich mit der sagenumwobenen Ägypterin beschäftigt.

Geboren wurde das schöne Königstöchterchen 69 v. Chr.. Gerade einmal 18 Jahre jung, verstarb ihr Vater, der verfügt hatte, dass Kleopatra und ihr Bruder Ptolemaios XIII ihm auf den Thron folgen sollten. Dass es sich hierbei um den Beginn einer beispiellosen Regentschaft der berühmtesten und leider auch letzten ägyptischen Pharaonin handeln sollte, war seinerzeit sicher nicht absehbar. Ägypten war in einem katastrophalen Zustand und abhängig von der Weltmacht Rom, der hohe Abgaben zu entrichten waren.

Ob die junge Königin tatsächlich so schön war, wie ihr nachgesagt wurde, darüber scheiden sich die Geister. Jedenfalls herrscht weitestgehend Einigkeit darüber, dass es sich um eine Ausnahmepersönlichkeit gehandelt haben muss. So schreibt der griechische Schriftsteller Plutarch: „Im Umgang hatte sie einen unwiderstehlichen Reiz, und ihre Gestalt, verbunden mit der gewinnenden Art ihrer Unterhaltung und der sie umspielenden Anmut, hinterließ ihren Stachel“.

So ist sicherlich auch zu erklären, dass es ihr gelang, gleich zwei der mächtigsten Männer Roms und damit der damaligen Welt zu betören. Beim mächtigen Regenten Caeser verschaffte sie sich Gehör, indem sie sich in einen Teppich gewickelt ihm als Geschenk darbringen ließ. Und in der Tat, der Kaiser war beeindruckt und fortan der Geliebte der Pharaonin. Schon bald gebar sie den gemeinsamen Sohn Kaisarion – was so viel wie „Sohn des Caesars“ oder auch „kleiner Caesar“ bedeutet –, was sowohl ihr als auch ihrem Land die Gunst des Regenten nachhaltig sicherte Mit dem Kind brach Kleopatra nach Rom auf und lebte dort einige Zeit als „befreundete Königin“ in einer Villa Caesars am Fuß des Tiber, gut fußläufig für den Machthaber zu erreichen. Caesar, fortan zwischen zwei Frauen stehend, blieb eine Entscheidung durch den Mord an seiner Person erspart.

Marcus Antonius, quasi Nachfolger Caesars, übernahm nicht nur dessen Stellung im Reich, sondern auch gleich die Geliebte, woran Kleopatra alles andere als unschuldig war. Der Erzählung nach reiste sie mit ihrem Schiff nach Tarsos in Kleinasien, wo der Feldherr sich gerade nach gelungener Schlacht als Gott Dionysos feiern ließ. Sie lud ihn auf ihr Schiff ein und soll ihn dort, so Plutarch, empfangen haben, „wie man Aphrodite gemalt hat“. Demnach mit nicht mehr als einer goldenen Krone, einer Perlenkette und – vielleicht noch – einem Perlentanga bekleidet. Wer sollte es Marcus Antonius verdenken, dass er schwach wurde? Das Glamourpaar der Antike ward geboren, mit allen Exzessen, die man sich vorstellen kann. Ob politisches Kalkül oder wahre Liebe, man weiß es nicht genau. Jedenfalls schenkte Kleopatra Marcus Antonius drei Kinder, er wiederum sicherte ihr mit der Ernennung  zur „Königin der Könige“ die Macht. In Rom wurde der Unmut über den Regenten und dessen ausschweifendes Leben mit der Ägypterin immer lauter. Zum Tode der beiden gibt es verschiedene Varianten, in jedem Fall scheint die nach dem Tod des Marcus Antonius zurück Gebliebene ihrem Leben ein Ende gesetzt zu haben durch einen Schlangenbiss, um nicht als Trophäe nach Rom verschleppt zu werden. „Sie fanden Kleopatra schon tot im königlichen Schmucke im Bett liegen,“ wusste Plutarch zu berichten. Es war das tragische Ende einer erfolgreichen Frau zwischen Macht und Kalkül.

 

"Blow up", Bernhard Elsässer

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