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Die Rhythmen des Lichts

Der Künstler Olaf Nicolai über seine erste Bauhausausstellung, die Verehrung für László Moholy-Nagy und seine Arbeit „Le pigment de la lumière“ in den Neuen Meisterhäusern

Olaf Nicolai und das Bauhaus. Keine unbekannte Kombination. 2009 sprach der Künstler zur Eröffnung der Jubiläumsausstellung „Modell Bauhaus“ im Berliner Martin-Gropius-Bau darüber, wie das Bauhaus die künstlerischen Mittel radikalisiert und damit die Ästhetik zum zentralen Schlachtfeld der Entscheidungen gemacht hat. Jetzt knüpft er mit seiner Arbeit „Le pigment de la lumière“ in den Neuen Meisterhäusern künstlerisch an die radikalen Fragestellungen von László Moholy-Nagy zum Thema Licht an. Wie immer geht es bei ihm um Formen, Stimmungen, Oberflächen und Wahrnehmungsprozesse. Manon Bursian, Direktorin der Kunststiftung des Landes Sachsen-Anhalt, sprach mit dem 1962 in Halle geborenen Künstler über sein ungewöhnliches Projekt. 

Wann sind Sie zum ersten Mal mit dem Bauhaus in Kontakt gekommen? Haben Sie eine der frühen Ausstellungen in Achtzigerjahren gesehen?

Ja, ich habe in Weimar zwei Ausstellungen mit Werken von Bauhausschülern gesehen: Max Bill und Xanti Schawinsky. Diese fanden in einer Ausstellungshalle gegenüber dem Deutschen Nationaltheater statt. Das war meine erste, wenn man so möchte, „lebendige“ Begegnung mit dem Bauhaus außerhalb von Büchern.

Sind Sie auch mal nach Dessau gereist?

In den Achtzigerjahren hat man sich gefragt: Ist da noch was? Was geschieht dort noch? Es gab ein paar vereinzelte Aktivitäten, Performances von Lutz Dammbeck zum Beispiel, auch zaghafte Versuche, die Bauhausbühne wiederzubeleben, Konferenzen. Und ich erinnere mich auch an tolle Sachen im Theater der Stadt. Dafür fuhr man hin, schaute sich alles an und schlug sich die ganze Nacht im Zug um die Ohren.

Hat Sie damals eine radikale oder mutige Idee eines Bauhäuslers beschäftigt?

Ein Freund von mir studierte an der Burg Giebichenstein in Halle Industriedesign. Unter den Studenten dort war das Bauhaus immer noch die große, geheime Referenz. Die Frage, inwiefern Kunst den traditionellen musealen Bereich verlassen kann, hat mich fasziniert. Ist es möglich, gestalterisch etwas zu machen, das über das Museum hinaus geht? Auch die Begegnung mit Max Bills Arbeiten zur konkreten Kunst war sehr wichtig für mich. Jedenfalls habe ich mich nach der Weimarer Ausstellung sehr damit beschäftigt.

Wie sind Sie zu dem sehr ungewöhnlichen Projekt in den Neuen Meisterhäusern  gekommen?

Letztlich verdankt sich das der Initiative von Philipp Oswalt. Er hat mich angesprochen und mich gefragt, ob ich mir vorstellen könnte, im Rahmen dieser Rekonstruktion mit einer künstlerischen Intervention präsent zu sein. Da ging es sehr konkret um die Oberflächen der sogenannten Artefakte, aber auch um die Frage, was man in diesen neuen Häusern tun kann. Die Architektur von Bruno Fioretti Marquez ist ja als kritische Rekonstruktion mit zeitgenössischen Mitteln zu sehen, und eine künstlerische Arbeit muss dazu eine Haltung entwickeln. Man kann eben nicht sagen: Hier setzen wir noch eine Skulptur hin, dort machen wir ein bisschen Farbe an die Wand. Das war der Anspruch, den Oswalt hatte und der mich herausgefordert hat. Mir hat auch die ganze Herangehensweise gefallen, also wie die Architekten diese Meisterhäuser interpretiert haben. Das finde ich sehr gelungen. Ich habe über Material und die Frage nachgedacht, wo es durch die eigene Arbeit Bezüge zum Bauhaus geben könnte. Und die gibt es eben vor allem zur Arbeit und den theoretischen Konzepten von Moholy-Nagy, die mich immer inspirierten. Mit diesem Künstler habe ich mich auch unabhängig vom Bauhaus viel beschäftigt. Vor allen Dingen mit der Frage, inwiefern Abstraktion als etwas zu begreifen ist, was sich nicht als Gegensatz zur Figuration versteht, sondern eher als eine Methode, die auch figurative Dinge betrifft. Moholy-Nagy ist für diese Fragen, wie ich finde, wichtig, vor allem auch als Theoretiker, obwohl er so kaum wahrgenommen wird. Ich habe für die Meisterhäuser den Putz, der dort auf die Wände kommt, als zu gestaltendes Material aufgefasst und durch verschiedene Putzformen Muster und Rhythmen entwickelt, die im Licht sichtbar werden, und zwar so, dass durch das Lichtspiel unterschiedliche Flächen in den Reflexionen wahrnehmbar werden.

Haben Sie sich mit dem künstlerischen Werk der Bewohner beschäftigt? Haben Sie sich Fotos vom den damaligen Bewohnern angeschaut und sind in die Biographien, die Familiengeschichten eingetaucht?

Die Bilder kannte ich. Aber ich habe mich  bewusst von dieser eher anekdotischen Welt ferngehalten, weil sie für die Herangehensweise eher unproduktiv ist. Es geht wirklich darum, dass diese Häuser etwas Neues sind. Sie erinnern zwar an die Vorgängerbauten und deren Bewohner, aber sie sind eigenständige Orte, in denen andere Dinge stattfinden. Und es sind eben keine Wohnhäuser mehr.

Zum Schluss noch eine anekdotische Frage. Würden Sie gerne in so einem Haus, das etwas sehr skulpturales hat, wohnen? 

Wie gesagt, es sind ja keine neuen Wohnhäuser entstanden. Wenn man sich allerdings die alten Meisterhäuser in ihrer Struktur ansieht, dann kann man sicher gut darin wohnen. Aber wie man denkmalgerecht kocht, schläft oder duscht – das stelle ich mir eher schwierig vor. Das halte ich für eine Herausforderung, der ich mich persönlich nicht aussetzen würde.

Das neue Meisterhaus Moholy-Nagy, Foto: Anne-Kathrin Szabó

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