Loading...

„Halle ist mir zum Heim geworden“ – Interview mit Julia Schleicher

Julia Schleicher, Bildhauerin, Wahl-Hallenserin, Gustav-Seitz-Preisträgerin

 

Kunststiftung: Frau Schleicher, woran haben Sie heute früh als erstes gedacht?

Julia Schleicher: Wie jeden Morgen habe ich darüber nachgedacht, wie unmenschlich früh mindestens eines der Kinder wach wird.

 

Was macht die allgegenwärtige Krise mit Ihnen?

Die Situation gerade ist schon mit Angst verbunden, ich mache mir Sorgen um meine Mutter, die in Köln lebt. Dass ich sie nicht sehen oder ihr helfen kann, beängstigt mich. Ansonsten bin ich in der glücklichen Situation, dass ich sowieso von zuhause aus arbeite und mein kleineres Kind noch nicht in eine Einrichtung geht. Dies ist natürlich nur möglich, weil mein Partner die Kinderbetreuung übernimmt, was für ihn als Künstler ebenfalls bedeutet, dass er nicht arbeiten kann.

 

Woran arbeiten Sie gerade?

Zur Zeit arbeite ich an einem Wettbewerbsentwurf für eine 20-Euro-Gedenkmünze für Sophie Scholl. Das Bundesministerium für Finanzen hat mich Anfang des Jahres gefragt, ob ich daran teilnehmen möchte. Die Arbeit ist aufwendig, man muss sehr genau sein. Damit habe ich zwei Monate lang zu tun.

 

Was bedeutet Ihnen Heimat in dieser besonderen Situation?

Heimat ist ein schwieriger Begriff, weil er so emotional ist. Köln ist meine Heimat, weil mein Herz mich da hinzieht. Halle ist meine Wahlheimat und mein Lebensmittelpunkt; hier sind meine Kinder geboren, hier finde ich Schutz. Halle ist mir zum Heim geworden.

 

Ein Blick in die Zukunft: Wird sich für Sie etwas ändern nach dieser Zeit?

Mal sehen. Beruflich und privat kann ich das schwer einschätzen, aber ich glaube es eigentlich nicht. Meine Pläne setzen sowieso erst im Sommer an. Zwar ist eine Ausstellung in den Winter verschoben worden, aber das wusste ich schon länger und war darauf vorbereitet.

 

Julia Schleicher macht gerade, wie viele andere, die interessante Erfahrung, auf sich und die Familie zurückgeworfen zu sein. Eine positive Erfahrung, findet sie. Vor allem aber würde sie in dieser Zeit die Gesellschaft anderer Menschen noch mehr wertschätzen als sonst, ihre Vorfreude auf das Wiedersehen mit ihnen sei groß. Außerdem ziehe sie den Hut vor bestimmten Berufsgruppen und freut sich über deren gestiegene Anerkennung in der Gesellschaft. Sie hofft, dass diese bleibt.

 

Vita

1983 in Köln geboren | 2003 – 2007 Studium der Theaterplastik an der Hochschule für Bildende Künste in Dresden | 2007 – 2012 Studium der Bildhauerei an der Burg Giebichenstein Kunsthochschule Halle bei Prof. Bernd Göbel und Prof. Bruno Raetsch | seit 2012 als freischaffende Bildhauerin tätig | 2014 Kunstpreis Gustav-Seitz-Preis für zeitgenössische figürliche Bildhauerei | Teilnahme an diversen Ausstellungen seit 2012 u.a. in Halle, Leipzig, Brandenburg, Wismar, Gera | lebt und arbeitet in Halle (Saale)

 

Hirschkuh Julia Schleicher

Zurück zur Übersicht