Loading...

Johannes Nagel: Zwei Vasen

Als Keramiker beschäftigt sich Johannes Nagel bereits seit zwei Jahrzehnten mit Gefäßen. Seine an tradierten Konzepten orientierten wie auch seine vollkommen frei verfassten Objekte erforschen den Zusammenhang zwischen Form und Idee. In seinem Schaffen spielen Zufall und ausdrucksstarke Geste eine zentrale Rolle.

Während des Wettbewerbs hatte der bislang hauptsächlich mit Ton und Porzellan Arbeitende erstmals die Gelegenheit, sich an Glas zu probieren. Er entwarf zwei Varianten: Für das runde Modell wurde eine rotationssymmetrische Holz-, für das eckige Modell eine Gipsform gebaut. In die nasse Holzform blies der Glasmacher, die Pfeife beständig drehend, auf die auf dem Wasserdampf gleitende Glasmasse ein. Dies ist bei einer eckigen Form nicht möglich. Deshalb musste für sie eine Form aus Gips gebaut werden – eine hölzerne wäre verbrannt. Am Ende des Einblasprozesses mussten beide im entscheidenden Moment geöffnet werden, nämlich dann, wenn die gewünschte Materialstärke erreicht war. Den rechten Zeitpunkt zu erwischen, erfordert langjährige Erfahrung.

Der Künstler experimentierte mit verschiedenen Farbgebungen, kombinierte für seine Vasen Klarglas mit eingefärbtem. Zwar planbar, aber letztlich nicht vorhersehbar ist, in welcher Höhe der Gefäße beide aufeinandertreffen. Diese Unkalkulierbarkeit und das Auflegen getönter Glasfäden auf die fertigen, noch heißen Formen erinnern an den handwerklichen Charakter des Glasmachens.

Vasen gibt es in unüberschaubarer Vielfalt seit Jahrtausenden. Sie sind uralte Belege von Kultur und deren Veränderung, ebenso wie die verschiedenen Welterbeobjekte, -landschaften und -dokumente. Sie gehören als Aufbewahrungsgefäße zum Alltag und spiegeln durch ihre Form und ihr Dekor ästhetische Vorstellungen ihrer Entstehungszeit. Die verschiedenen Ausprägungen können Anlass sein, über vergangene und gegenwärtige Formen zu reflektieren.

Johannes Nagels Vasen sind inspiriert von der Halleschen Form der Bauhaus-Schülerin Maguerite Friedlaender. Seit 1929 Leiterin der Keramikabteilung an der Burg Giebichenstein, entwarf sie dort u. a. Vasen für die Königliche Porzellan-Manufaktur (KPM). Die Grundformen der Vasen ist klassisch zweigeteilt: Auf einem leicht konischen Fuß wölbt sich ein nach oben gestrecktes Oval und geht mit einer prägnant weiten Taille in einen Kegelstumpf über. Diese Vase von Friedlaender ist einer der Bezugspunkte von Johannes Nagel, wenn er die Form einer Vase auf zwei einfache Formen reduziert. Bei der ersten Variante kombinierte er Zylinder und Kegel, bei der zweiten Kubus und Pyramide. Archaisch wirken beide, reduziert auf Zeichen. Sie sollen zum Nachdenken über die Elemente einer Vase anregen. Vasen über Vasen.

Johannes Nagel zu seinen Arbeiten: „Die Vase ist ein uralter Speicher von Kultur und kultureller Veränderung. Vasen enthalten als Schmuckgefäße oft im besonderen die Formvorstellungen ihrer Zeit und sind also gut geeignet,
um anhand alltagstauglicher Objekte über die Vergangenheit und die Gegenwart der Formen zu reflektieren.“

 

Johannes Nagel wurde 1979 in Jena geboren. Nach einer Töpferausbildung in Kanada studierte er an der Burg Giebichenstein Kunsthochschule Halle im Fachbereich Plastik und Keramik. Die Arbeiten des mehrfach Ausgezeichneten finden sich weltweit in öffentlichen Sammlungen, u. a. in London, Genf, Frechen und Leipzig. Seine Werke wurden u. a. in Solothurn (Schweiz), Basel, München, Mailand, Berlin, London, Brüssel, Hamburg und New York ausgestellt. Johannes Nagel lebt freischaffend in Halle.



Bildergalerie »

Zurück zur Übersicht