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Judith Runge – Bewahren und Ausstrahlen

Bewahren und Ausstrahlen – das ist Anliegen der UNESCO mit der Ernennung zu einer Welterbestätte. Zu diesem Thema kreierte Judith Runge, Keramikerin und Objektkünstlerin, eine Schale – die Urform eines Gefäßes, das etwas beschützt, sich aber auch öffnet und das Enthaltene darbietet. Der präsentierende Charakter wird durch die leichte Neigung ihrer Schale unterstützt. Als Symbol für die fünf Weltkulturerbestätten in Sachsen-Anhalt steht das Gefäß auf fünf Füßen und scheint leicht zu schweben.

Neben bis in die letzte Kontur durchdachten und fein bemalten Alltagsgegenständen schuf Judith Runge bislang Objekte in Ton und Porzellan. Thematisch befasste sie sich u. a. mit dem Tiersterben, der Umweltverschmutzung, der quietschbunten Spielzeugwarenwelt – nie mit erhobenem Zeigefinger, sondern spielerisch, mit feiner Ironie.

Für den Wettbewerb arbeitete die Künstlerin erstmalig mit dem Material Glas. Ihr gebranntes Tonmodell presste sie mit hohem Druck in einen mit Ölsand gefüllten Formkasten. Judith Runges Entwurf sieht eine Schale mit verschiedenfarbigen Schichten vor. Diese entstehen nicht durch mehrmaliges Einblasen in die Form, quasi Lage auf Lage, sondern der Glasbläser nimmt das gesamte nötige Material auf die Glasbläserpfeife auf: wenig kristallklare Masse für innen, gefolgt von farbiger und abschließend wieder von kristallklarer – diesmal mehr, denn diese bildet die dicke „Trennschicht“ zwischen den kolorierten Teilen. Für das dunkle Äußere wurde der auf der Glasbläserpfeifer befindliche, bis sechs Kilogramm schwere Batzen in einem schwarzen Pulver gewälzt.

Erst dann blies der Glasmacher die Masse in die Negativform ein. Der breite Rand des erkalteten, starren Objekts wurde schließlich geschliffen und poliert. Dies erlaubt – sich je nach Lichteinfall ändernde – Einblicke zwischen die verschiedenen Farbschichten: Eine innere, helle, geradezu strahlende Schale scheint geheimnisvoll in einer äußeren, dunklen zu schweben.

Die schwarze, edel wirkende Schicht rahmt und schützt die zentrale, in strahlenden Grün-Gelb-Tönen gehaltene Innenfläche – ein Anklang an die Landesfarben Sachsen-Anhalts. Hier und da erstrahlen kleine Leuchtpunkte. Gewollt, aber letztlich unkalkulierbar entstanden sie, da während des Einblasens die Dicke der schwarzen Glasschicht nicht exakt geplant werden kann. Genoppt zeichnen sich auf dem Äußeren plastisch differenzierte Fingerabdrücke ab. Sie erinnern an den Unikatcharakter jedes Objekts, das in Handarbeit entsteht – so auch jedes in einer Glasmanufaktur geschaffene.

Die unregelmäßige Oberfläche kontrastiert mit dem exakt begrenzten Rand und dem glatten Inneren der Schale. Die Gegensätze zwischen Leichtigkeit und Schwere, hell und dunkel, Transparenz und Opakem, Glätte und Rauheit prägen das Objekt und spiegeln so die vielfältigen Möglichkeiten der Glasverarbeitung wider. Judith Runge zu ihrer Schale: „Die Schale wählte ich als Urform eines Gefäßes des Aufnehmens, Aufbewahrens, Schützens – und gleichermaßen des sich Öffnens, Anbietens nach außen. Hier als Hinweis auf das Bewahren und Präsentieren besonderer Dinge (Weltkulturerbestätten). Eine kräftige Wandstärke des Gefäßes ermöglicht auf Grund des geschliffenen und polierten
Randes je nach Lichteinfall den Einblick in die Tiefe des Materials. Dadurch wirkt die innere helle Schalenform wie in einer Schutzhülle gehalten. Es ergibt sich eine deutliche Ausprägung von Innen- und Außenwirkung.“

 

Judith Runge wurde 1969 in Halle geboren. Nach einer Ausbildung zur Porzellanmalerin in Meißen studierte sie an der Burg Giebichenstein Kunsthochschule Halle im Fachbereich Plastik und Keramik. Die Künstlerin wurde 2002 mit dem Förderpreis Perron – Kunstpreis der Stadt Frankenthal (Pfalz), ausgezeichnet und gewann Wettbewerbe für ihre Kunst am Bau-Entwürfe in Halle und Magdeburg. Ihre Arbeiten befinden sich z. B. in der University of Hawaii, im Grassimuseum Leipzig und im Deutschen Keramikmuseum Düsseldorf. Zu sehen waren ihre Werke u. a. in Frechen, Leipzig, Berlin, Kiew, Kapfenberg (Österreich) sowie Frankfurt (Main). Sie arbeitet freischaffend in Halle.



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