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Krise und Hoffnung

Eine Frau liegt auf einem Sofa oder dem Boden. Sie hat zwei unterschiedlich farbige Augen. Sie schaut in die Ferne. Ihr Blick ist melancholisch und verträumt zugleich. Sie ist das Motiv für die Ausstellung. Denn das Porträt ist Teil der eindrücklichen Fotoserie „un_versehrt / in_jured“ von Hilde Pank. Mit ihren Bildern will sie die klare Definition von Verletzung oder körperlichem Makel in Frage stellen. Ihr Fokus liegt auf Menschen die Prothesen tragen. In einem Interview erzählt sie von der Motivauswahl und wie ihr Projekt weitergeführt wird.

„Ich gehe davon aus, dass das Infragestellen von sogenannter „Behinderung“ für unsere Gesellschaft notwendig ist“, sagt sie. Mit Fotos könne sie einen relevanten Diskurs eröffnen. Die gesamte Serie heißt „un versehrt // in jured“. 2019 begann sie diese mit dem Testprojekt „a snow eye“. Hierfür porträtierte sie Neeta aus Indien. Neeta hat seit ihrer Geburt nur ein gesundes sehendes Auge. Das andere ist weiß wie Schnee (snow eye). Sie kaschiert es permanent mit einer prothetischen Kontaktlinse. Durch Panks Serie hat sie begonnen, die Kontaktlinse auch in der Öffentlichkeit weg zu lassen und selbstbewusst ihren vermeintlichen „Makel“ zu zeigen. In Indien wäre dies für sie undenkbar gewesen.

 

Wie haben Sie die Porträtierten für Ihre Fotoserie gefunden?

Das erste Modell Neeta hatte andere Fotoserien von mir gesehen und kam schriftlich auf mich zu, mit dem Bedürfnis durch eine künstlerische Auseinandersetzung an ihrer Scham und ihrem Selbstbildnis zu arbeiten. Bis dato hatte sie ihre prothetische Kontaktlinse vor fremden Menschen nie herausgenommen. An Tagen, wo sie unter einer Kontaktallergie litt, öffnete sie nicht einmal der Post die Tür. Einen mutigen Versuch wagte sie in New York, mit weißem Auge in ein Restaurant zu gehen. Sie wurde ausgelacht und beschloss das nie wieder zu tun. Während der Fotoarbeit wurde sie immer mutiger und verspielter und zeigte sich mit bunten Kontaktlinsen und ganz ohne, an allen erdenklichen Orten. Die Arbeit mit ihr war so spannend, dass ich beschloss, nach ähnlichen oder auch ganz anderen Geschichten von Menschen mit sogenannten Makeln und Behinderungen zu suchen, um eine komplexes Fotoserie zu schaffen. Diese fand ich direkt in meinem näheren und erweiterten Bekanntenkreis und durchs Hörensagen. Einige waren mir bis dato kaum aufgefallen, weil sie sich so organisch in den Alltag eingefügt haben.

Was war Ihnen bei der Gestaltung der Motive und der Fotos wichtig?

Wie eine gute Zuhörerin, die Porträtierten selbst erzählen zu lassen und einen ästhetischen und nicht wertenden Blick auf sie zu eröffnen. Die Bilder sollen keine bloße Abbildung von Behinderungen sein.

Wird das Projekt weitergeführt?

Bisher sind es vier Personen, die Serie soll aber immer weiter wachsen. Die meisten meiner Fotoserien sehe ich nie als abgeschlossen, sondern als lebenslang begleitende Projekte. Diese Serie würde ich gern in Buchform bringen und mit Anekdoten der Abgebildeten und wissenschaftlichen Texten kombinieren.

 

Hilde Pank wurde 1988 in Eisenach geboren und studierte Kulturanthropologie, Russische und Südosteuropäische Studien an der Martin-Luther-Universität Halle und ab 2013 Visuelle Kommunikation an der Bauhaus-Universität in Weimar.



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