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Max Klinger (1857-1920)

„Enorm talentvoll ist er“, befand der Komponist Johannes Brahms über seinen Künstlerfreund Max Klinger. Nach dessen Tod am 4. Juli 1920 wurde er auf seinem Weinberg in Großjena beigesetzt – die Trauerfeier glich einem Staatsbegräbnis, so viele Gäste waren erschienen. Viele Reden wurden gehalten, Käthe Kollwitz zum Beispiel erzählte von ihrer tiefen Bewunderung für Klingers „Griffelkunst“. Dabei war der Maler, Bildhauer, Zeichner und Grafiker da schon nicht unumstritten. 1920 schrieb der Kunsthistoriker Julius Meier-Graefe: „Er wusste viel von dem und jenem, […], aber er hatte keine blasse Ahnung von den Äquivalenten. Kein Künstler. Ein Zwischending, ein Ersatz, ein Kunstgewerbler.“ Aber es gab auch andere Stimmen, siehe Brahms Zitat oder Käthe Kollwitz‘ Bewunderung. Als er 1902 die monumentale Großplastik „Beethoven“ aus Bronze und Marmor für die Ausstellung der Wiener Secession vollendete, stand er auf der Höhe seines Ruhmes, wurde gar zum nationalen Mythos verklärt. Zur Jahrhundertwende war er eine zentrale Gestalt der Kunstszene Europas. Der Bewunderer Auguste Rodins hatte da nicht nur zahlreiche Skulpturen – vor allem Denkmäler und Porträtbüsten etwa von Nietzsche, Franz List, Johannes Brahms oder Richard Wagner – geschaffen sowie technisch brillante, naturalistische und sozialkritische Radierungen oder seine grafischen Zyklen. Nackte Körper waren zum wichtigsten Motiv seiner Gemälde geworden; vor allem aber war Klinger ein Revolutionär. Kümmerte sich nicht um Konventionen, machte sich gar der „Gotteslästerung“ schuldig, indem er – nur zum Beispiel – einen splitternackten Jesus in seiner „Kreuzigung“ malte (und dessen Genitalien später auf Druck zwischenzeitlich übermalte).

Nach seinem Tod, 63 Jahre war Klinger alt, aber wurde immer weniger von ihm gesprochen. Die Nationalsozialisten versuchten noch, ihn für ihre eigene Interpretation zu nutzen. Danach dann schwand das allgemeine Interesse rapide, zu seinem 100 Geburtstag war er schon fast vergessen. Heute aber erfährt er wieder die Würdigung, die er mit seinem streitbaren, großartigen, phantasievollen Oeuvre verdient hat.

 

Vita

  • 1857        18. Februar: Geburt Max Klingers als Sohn des Seifensieders Louis         Klinger und dessen Frau Auguste in Plagwitz bei Leipzig
  • 1873         Realschulabschluss
  • 1874         Studium an der Kunstschule in Karlsruhe
  • 1875         Besuch der Kunstakademie in Berlin
  • 1876/77    Freiwilliger Militärdienst
  • 1878         Teilnahme an der 52. Ausstellung der Königlichen Akademie in Berlin mit dem Gemälde „Die Spaziergänger“

Erster Radierzyklus „Radierte Skizzen“

  • 1882/83    Das erste plastische Werk – eine Porträtbüste Schillers – entsteht
  • 1883         Auftrag für 14 Wandbilder für die Villa Albers in Berlin

Ausstellung des sozialkritischen Radierzyklus‘ „Dramen“ in München, Paris und  Berlin

  • 1883–1886  Aufenthalt in Paris.
  • 1884–1889  Weitere Radierzyklen: „Ein Leben“ (1884), „Eine Liebe“ (1887) und „Vom Tode I“  (1889)
  • 1887          Teilnahme an der 59. Ausstellung der Akademie der Künste mit dem Monumentalgemälde „Parisurteil“.
  • 1888–1893 Aufenthalt in Italien.
  • 1891           Ausstellung der Gemälde „Die Blaue Stunde“ und „Pietà“ in Paris
  • 1893           Umzug nach Leipzig

Skandal um „Kreuzigung“ in Dresden, da Klingers Jesus nackt darstellt ist

  • 1894           Mitglied der Akademie der Künste in Berlin

Radierzyklus „Brahmsphantasien“ entsteht

  • ab 1896     Arbeit an „Die griechische Geisteswelt“ für die Aula der Universität in Leipzig
  • 1897         Teilnahme an der Kunstausstellung in Leipzig mit dem                   Monumentalgemälde „Christus im Olymp“

Ernennung zum Professor an der Akademie der grafischen Künste in Leipzig

Mitglied der „Wiener Secession“

  • ab 1899    Konzentration auf plastische Arbeiten
  • 1902          Vollendung seines umstrittenen Hauptwerkes, der Beethoven-Plastik, für „Wiener Secession“
  • 1903          Ernennung zum Vizepräsidenten des Deutschen Künstlerbunds neben Max Liebermann
  • 1905           Einrichtung des Künstlerhauses für junge Stipendiaten, die Villa Romana in Florenz, im Auftrag des Künstlerbundes
  • 1909           Verstärkte Hinwendung zur Grafik

Nach fast 20 Jahren Vollendung des Radierzyklus‘ „Vom Tode II“

  • 1915           Abschluss der grafischen Zyklen mit „Zelt“
  • 1920           4. Juli: Tod mit 63 Jahren in Großjena

 

Max Klinger mit E. Asenijeff, 1905 (Villa Romana )

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