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Monumentales Wandbild – Stefan Schwarzer

Gut 300 Jahre nach Bartholomäus Ziegenbalg begab sich auch Stefan Schwarzer im Oktober 2019 auf die mehrwöchige Spurensuche in Tharangambadi. Ausgehend von den einstigen Orten der Mission, suchte der Hallenser Künstler den Dialog mit den heute dort lebenden Menschen. Im Wechselspiel zwischen seinen eigenen täglichen Erlebnissen, dem Austausch mit den Einwohnern Tharangambadis und den Halleschen Berichten entstand ein eigener, moderner Diskurs, den die Ausstellung wiedergibt. Zu sehen sind ein Teil der in dieser Zeit entstandenen Zeichnungen. Kurzinterviews, Fotografien, Tagebucheinträge und Beispiele aus dem durch den Autor ins Leben gerufene Mail-Art-Projekt „200 Postcards for Halle“.

Zwei Räume der Ausstellung nehmen seine Arbeiten ein. Der erste ist hinduistischen Tempeln gewidmet.  In ihnen fand er Ruhe, genoss die meditative Atmosphäre, hörte nichts als den Wind und konnte sich in der Symbolik und Farbenwelt der Ornamente verlieren. Drei großformatige Buntstiftzeichnungen voller dieser Zeichen sind vor Ort entstanden; das größte Bild – „Sri Ranganathaswamy Tempel, 240 mal 370 Zentimeter groß – hat der Zeichner erst in Halle angefertigt. Jede seiner Zeichnungen hat eine andere Formensprache, verrät einen anderen Umgang mit dem jeweiligen Ort, an dem sie entstanden sind. Eine „Reise für die Augen“, wie es der Künstler nennt, sind die Bilder für den Betrachter; sie sind Porträts der Orte, aber auch Zeitreisen durch sie hindurch.

Den zweiten Raum, „Tamil Houses“, bildet eine Rotunde, ohne oben und unten, nur Fläche. Die Arbeiten, die darauf zu sehen sind, müssen „erlaufen“ werden – ganz so, wie sie entstanden sind. Orte, Ornamente, Gebäude hat Stefan Schwarzer in Indien auf der Straße festgehalten, hat sie verfremdet oder collagiert. Er war nach seiner Ankunft schnell von der bunten Vielfalt der Architektur begeistert und zeichnete jeden Tag ein Haus. Für die Ausstellung entwickelte Stefan Schwarzer aus Fragmenten seiner Zeichnungen ein Buntstiftwandbild und kombinierte dieses mit ausgewählten Bildern von seiner Reise. Zwei Wochen hat er daran gearbeitet; das Temporäre des umfassenden Werkes ist ihm bewusst. Es wird – nach Ablauf der Ausstellung – verschwinden und nie wieder zu sehen sein.

Seine Wahrnehmungen vor Ort, die Umstände in Indien – 35 Grad im Schatten, die Gerüche, die Intensität, die Menschen – haben sich auf die Zeichnungen Stefan Schwarzers übertragen. Ihre Farbigkeit beeindruckt. Aber da ist noch mehr: Zwischen den feinen Strichen und bunten Flächen sind verwirrende Stempel zu sehen. Schwarzer entdeckte in der Ausstellung im Ziegenbalg-Haus eine historische Druckerpresse mit riesigen Holzlettern. Damit bearbeitete er sein aus Deutschland mitgebrachtes Material, auf dem er später die Zeichnungen anfertigte.

 

Vita Stefan Schwarzer

1984 in Leipzig geboren | 2005 Arbeiten im öffentlichen Raum; Gründung Atelier Nawrotzki in Leipzig; Schulische Ausbildung zum Gestaltungstechnischen Assistenten | 2007 Arbeit als Videoperformer | 2008 Studium Burg Giebichenstein Kunsthochschule Halle (Studiengang: Malerei / Grafik) | 2011 Stipendium der Studienstiftung des deutschen Volkes | 2012 Gastsemester, Staatliche Akademie der Bildenden Künste, Stuttgart (Studiengang: Bildhauerei Fachgebiet: Video/Performance/Installation) | 2013 Auslandsstudium am Instituto Superior de Arte, Havanna | Ausstellungen u.a. in Berlin, Chemnitz, Havanna | lebt und arbeitet in Halle (Saale)

 



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