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„Parkplätze an sich sind absurd genug“

In seiner Fotoserie setzt sich Max Méndez mit Parkplätzen und Garagen auseinander.

Beton, weiße Streifen, Leere. Max Méndez, der 1992 in Leipzig geboren wurde, hat für seine Fotoserie „In Abwesenheit – Architekturen für Deutschlands Liebling“ Parkplätze und Garagen fotografiert, die ungenutzt sind. Doch hinter den ruhigen, ästhetischen Aufnahmen verbirgt sich Kritik, auf vielen Ebenen.

Während seines Projekts hat Max Méndez ein Archiv von über 500 Aufnahmen zusammengestellt, dessen Thema Abstellorte für Pkws und deren Umfeld ist. Der Kontrast zwischen öffentlichen und privaten Räumen bestimmte die gewählten Mittel: Analoge Schwarz-Weiß-Fotografien im Mittelformat dokumentieren adäquat die meist monotonen Architekturen im öffentlichen Raum von großflächigen Parkplätzen, die teilweise nur kurzfristig für die Dauer eines Events genutzt werden, bis hin zu architektonisch aufwendigen Parkhäusern.

Die Farbfotografie im Kleinbild wiederum entspricht dem vielfältigen Gestaltungswillen der Eigentümer von privaten Garagen und Carports. Doch gerade in neu entstandenen Einfamilienhaussiedlungen widerspiegeln sie häufig die Anonymität, Austauschbarkeit und Funktionalität wider den Anspruch ihrer Besitzer auf Individualität.

„Deutschlands Liebling“ – die Ironie im Titel reflektiert den fraglichen Stellenwert des Pkws im deutschen Alltag. Doch die riesigen versiegelten Flächen stimmen angesichts der Klima- und Energiekrise nachdenklich. Im Interview spricht er mit Kevin Hanschke über die Symbolik von leeren Parkplätzen und die Garage als Schmuckobjekt.

Lieber Herr Méndez, ihre Fotoserie „In Abwesenheit – Architekturen für Deutschlands Liebling“ setzt sich mit der Ästhetik von leeren Garagen und Parkplätzen auseinander. Auf welche Weise haben Sie mit der Serie begonnen?

Ich fotografierte über mehrere Monate und fand immer wieder neue Motive. Dadurch ist mittlerweile ein Archiv aus 500 Fotografien entstanden, aus dem ich Serien und Gruppen bilde. Ich habe für dieses Projekt eine wahre Passion entwickelt. Egal, wo ich in Deutschland und Europa war, habe ich Garagen und Parkplätze fotografiert. Allerdings sind nicht alle Arbeiten so spontan entstanden. Einige Aufnahmen habe ich auch langfristig geplant.

Und wie ist die Idee dafür entstanden?

Das fotografische Thema solcher Art Verkehrsarchitektur ist im Grunde ein sehr klassisches. 2021, auf dem Höhepunkt der Corona-Pandemie, ist die Idee für die Serie entstanden. Auf einmal waren alle Parkplätze verweist. Niemand brauchte die riesigen betonierten oder asphaltierten Parkflächen in den Innenstädten, für die Nutzung der Shopping-Malls, Stadien und Bürokomplexe. Solche Abstellorte versiegeln wahnsinnig viel Boden. Viele Parkhäuser und -plätze sind allerdings videoüberwacht oder durch Securityfirmen geschützt. Dementsprechend erforderte das Fotografieren an diesen Orten ein gewisses Geschick. Im Durchschnitt gehört dem Auto in Deutschland mit mehr als 12 Quadratmetern mehr Raum als den meisten Kindern in ihren Zimmern. Dieser Bevorzugung des Automobils folgend, ergab sich der Titel „Deutschlands Liebling“. Bedenkt man, dass ein privater PKW 95 Prozent der Zeit steht, erfahren seine Abstellmöglichkeiten oft eine besondere Bedeutung. Ungeachtet dessen hat die massive Art der Flächenversiegelung mit Beton und Asphalt eine besondere Ästhetik, die sich aus einer Monotonie der Wiederholung ergibt. Gerade dieser Reiz weckte mein fotografisches Interesse.

Wo wurden die Arbeiten aufgenommen?

Für dieses Projekt waren natürlich Orte in Deutschland wie Halle (Saale), Leipzig, Hamburg, Offenbach relevant. Darüber hinaus entdeckte ich ähnliche fotografische Situationen auch in Frankreich, Dänemark und der Schweiz.

Stand die Parkplatzarchitektur nicht früher auch für Fortschritt?

Ja, so ist es. In der wirtschaftlichen Konjunktur der Fünfziger- und Sechzigerjahre erweckte das Auto aufgrund seiner gesellschaftlichen Relevanz auch in der Fotografie großes Interesse. Die Schwarz-Weiß-Analogfotografie konnte die Ästhetik der Einförmigkeit besonders gut erfassen. Minimalistische Architektur und Design im Zusammenhang mit dem Automobil waren Insignien dieser modernen Zeit. Die von mir aufgegriffene Ästhetik der analogen Schwarz-Weiß-Fotografie unterstützte mein Anliegen, Flächen und Körper, ihre Spannungen im Raum und die Monotonie der farblosen Fahrbahnen und Parkebenen zu erfassen, aber eben auch kritisch zu hinterfragen. Eines der zentralen Themen beschäftigt sich mit der Gegenüberstellung von Parkplätzen und ihrer Umgebung. Eines der zentralen Bilder ist in Halle-Neustadt entstanden. Der „Blick des in dieser Zeit nicht vorhandenen Autos“, der auf die Häuser gerichtet ist, stellt zugleich den Ausblick der hier wohnenden Menschen dar –  das Auto und seine Parkfläche also immer vor Augen.

Warum haben Sie sich für den Titel „In Abwesenheit“ entschieden?

In Abwesenheit beschreibt die Absurdität der vorgehaltenen, immensen Parkflächen in Abwesenheit des Autos.

Könnten Sie uns kurz den konzeptionellen Prozess beschreiben?

Der erste Teil der Arbeit war bestimmt von Schwarz-Weiß-Fotografien entsprechend der Motive des öffentlichen Bereichs: silberne Leitplanken, grauer Beton, schwarzer Asphalt mit weißen Markierungen. Den später entstandenen Garagenbildern im Zusammenhang mit dem Eigenheim entspricht dagegen die analoge Farbfotografie. Während in der Pandemie die öffentlichen Parkplätze verwaist waren, entsteht jetzt, wo Menschen wieder mobil sind, eine Abwesenheit des Automobils auf den privaten Stellplätzen. Mich interessierte das Wechselspiel zwischen dem individuellen Anspruch an die Gestaltung der privaten Abstellorte und der tatsächlichen Eintönigkeit durch Fertigbauteile.

 

 



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