Sonderpreis für Teilhabe und gesellschaftliches Engagement der Kunststiftung Sachsen-Anhalt geht an Judith Burgard und Miriam Hantzko

Die Kunststiftung des Landes Sachsen-Anhalt beteiligt sich in diesem Jahr zum 7. Mal mit einem Sonderpreis am GiebichenStein Designpreis der Kunsthochschule Halle. Die mit 500 Euro dotierte Auszeichnung wird an Nominierte vergeben, deren Projekte sich auf originelle Weise der Teilhabe an der Gesellschaft oder einem bürgerlichen Engagement widmen. Der Preis ist Ausdruck der Verbundenheit des Landes Sachsen-Anhalt mit den Absolventen des Fachbereichs Design der Kunsthochschule Burg Giebichenstein. Auch in diesem Jahr werden zwei Nominierte ausgezeichnet: Judith Burgard (Industriedesign) und Miriam Hantzko (Mode).

Nachhaltigkeit in Form gegossen: „Instant“ von Judith Burgard ist eine Möbelserie, bestehend aus Stuhl, Sessel, Tisch und Garderobe, die flach und platzsparend geliefert und mit kochendem Wasser aufgegossen und dabei aufgebaut wird. Nach dem Trocknen erreicht das Material die gleiche Stabilität wie zuvor. Die Stühle bestehen aus einem neuen Plattenwerkstoff, der 100 Prozent natürlichen Ursprungs ist und das holzeigene Lignin als Bindemittel nutzt, um so hart zu werden. Burgards Serie macht deutlich, wie mit innovativen, nachhaltigen und organischen Materialien ein ansprechendes und zeitgemäßes Möbeldesign entwickelt werden kann und wie ungewöhnliche Materialexperimente Einfluss auf das Gegenwartsdesign haben können.

„Judith Burgard wagt sich, ähnlich wie viele der großen Bauhäusler, die an der Burg gelehrt haben, an ein neues Material, das einen neuen Umgang erfordert und neue Möglichkeiten der Partizipation für jeden eröffnet. Die Entwicklung von nachhaltigen und zugleich ästhetischen Möbeln ist heute wichtiger denn je“, sagt Manon Bursian, Direktorin der Kunststiftung.

Spiegel des gesellschaftlichen Umgangs mit Resozialisierung: In der Arbeit „Drinnen und Draußen – Narrative von Haftentlassenen“ setzt sich Miriam Hantzko mit dem Design von Häftlingskleidung in deutschen Justizvollzugsanstalten auseinander und reflektiert dabei die modesoziologischen Aspekte dieser besonderen Randgruppe. Im Rahmen des Designprozesses teilen ehemalige Inhaftierte ihre Erfahrungen zu ihrer Zeit im Gefängnis. Sie sprechen über Freiheit und Chancen und den gesellschaftlichen Umgang mit Gefängnisinsassen. Dabei sind Entwürfe für eine Anstaltskleidung der Zukunft entstanden, die auf die Bedürfnisse und Erfahrungen der Häftlinge eingeht und Ihnen bei der Resozialisierung helfen soll – darunter eine Denim-Jeans und ein Oberteil. Die Kleidungstücke referieren auf ausgewählte Aspekte der Interviews und sollen zum Mitdenken und Mitgestalten anregen.

„Miriam Hantzko beschäftigt sich als junge Designerin mit einem Thema, was nicht den öffentlichen Diskurs bestimmt. Man verurteilt und straft, doch damit beginnt umgehend die Verantwortung für die Resozialisierung in unserer Gesellschaft. Notwendig sind Perspektiven auf berufliche Weiterentwicklung und vor allem kreative Angebote und Gesprächsforen, damit die Insassen Impulse bekommen, um zu reflektieren. Dem Voraus geht aber auch die Wahrnehmung des Straffälligen als Individuum und dazu gehört würdige Kleidung. Diese Kleidung ist Miriam Hantzko auf herausragende Weise geglückt“, begründet Manon Bursian ihre Entscheidung für die Vergabe des Sonderpreises an die Modedesignerin.

Weitere Auszeichnungen – die Hauptpreise des GiebichenStein Designpreises – wurden zudem in den vier Kategorien „Beste Idee/Bestes Konzept“, „Beste Kommunikation“, „Engagiertestes Anliegen“ und „Interessantestes Experiment“ verliehen. Des Weiteren wurde der von culturtraeger GmbH gestiftete Grassi Nachwuchspreis und eine Auszeichnung des Stadtmuseums Halle vergeben, das eine Arbeit für ein Jahr in seine stadtgeschichtliche Ausstellung aufnimmt.

Die Kunststiftung Sachsen-Anhalt zeigt bis 10. Dezember 2023 alle nominierten und ausgezeichneten Arbeiten der Studierenden des Fachbereichs Design der Burg Giebichenstein und gibt damit einen faszinierenden Einblick in neueste Designkonzepte, innovative Materialien und experimentelle Projekte.

Die Präsentation des Burg Giebichenstein Designpreis findet in den Räumen der Kunststiftung des Landes Sachsen-Anhalt (Neuwerk 11, 06108 Halle/Saale) statt und ist von Mo–So von 14–19 Uhr geöffnet; der Eintritt ist kostenfrei.