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Ach, lass doch die alten Zeiten

Der Fotograf hat für sein Projekt Porträts von Verstorbenen, die auf alten sudentendeutschen Grabsteinen in der Region Trutnov im östlichen Riesengebirge in Tschechien angebracht sind, archiviert und für weitere künstlerische Forschungen und Experimente verwendet. Durch Witterungseinflüsse und auch durch Schändung sind die Keramikbilder einem Prozess des Verschwindens unterlegen. Um sie zu bewahren, hat Sebastian Weise, zunächst hochaufgelöste Fotografien von den Porträtbildern gemacht, um diese anschließend auf verschiedene Materialien wie Glas, Keramik, Metall oder Holz zu übertragen. Mit diesen Ergebnissen war er jedoch nicht richtig zufrieden. Ziel des Projektantrags war es, dem Themenkomplex „Erinnerung“ eine weitere Facette hinzuzufügen. Wie erinnert man heute an Vergessene? Wie schafft man neue Ikonen? Sebastian Weise erinnerte sich an seine Jugend und die obligatorischen Che-Guevara-Poster. Ein schematisch einfaches Abbild war zur millionenfach kopierten Idol-/Idealdarstellung geworden. Diese Annäherung wollte er als Überzeichnung verwenden und die verschwindenden Porträts der Sudetendeutschen, in die von Popstars transformieren. Er wählte T-Shirts als Bildträger, da sie eines der wichtigsten popkulturellen Medien darstellen. Unzählige Logos, Bandnamen, Sinnsprüche oder Comics werden auf Textilien weltweit spazieren getragen. Man grenzt sich ab, man fühlt sich zugehörig, alles mit der einfachen Macht eines T-Shirts. Diese kraftvolle Selbstverständlichkeit fand der Fotograf ideal für seinen Entwurf der Erinnerungskultur. Und auch die teilweise Morbidität der Porträts erfährt durch das Medium T-Shirt, durch Körperkontakt, durch ausdrückliches Tragen eine liebevoll persönliche Umarmung. Insgesamt wurden 13 T-Shirts (verschiedenfarbig, Herren Größe L 7 Stück, Damen Größe M 6 Stück) im Digitaldruckverfahren hergestellt. Für eine Ausstellung kommen sowohl die Entwürfe als auch die bedruckten T-Shirts in Frage. Sebastian Weise fühlt sich dem Sudetenland besonders verbunden, da einige seiner Vorfahren von dort stammen. Nach dem 2. Weltkrieg wurden insgesamt etwa drei Millionen Menschen von dort vertrieben. Zurück blieben nicht nur ihre Häuser und Höfe, sondern auch die Toten auf den Friedhöfen. In einem Pilotprojekt hatte sich der Künstler bereits mit der Erfassung von ehemals deutschen Gräbern auf 38 Friedhöfen beschäftigt.



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