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Die Schönheit der Moderne

Tom Korn widmet den Lost Places und architektonischen Utopien der Moderne eine Druckserie

Architektonische Visionen und elegante Ostmoderne. Tom Korn, geboren 1968 in Köln, hat der Architektur eine Reihe Drucke gewidmet. Unter anderem auch das Titelmotiv der Ausstellung, der Siebdruck „Temple du Soleil“ aus der Serie „La Grande-Motte“, der ein südfranzösisches Hotelhochhaus vor strahlend blauem Himmel zeigt, stammt von ihm.

Durch sein Arbeitsstipendium bekam der Künstler die Möglichkeit, sich in verschiedenen Druckwerkstätten auszuprobieren und fortzubilden – ein halbes Jahr Druckgrafiken zu entwickeln und zu realisieren. Der Künstler arbeitete mit Siebdrucken, der Risografie, in verschiedenen Radiertechniken, der Algrafie und dem Bleisatz sowie Linolschnitt und -druck, angeleitet von verschiedenen Tutoren oder intuitiv im Selbstversuch. So konnten in fünf Werkstätten während sechs Arbeitsaufenthalten über 25 Druckgrafiken entstehen. Viele Wochen lang wurden handgezeichnete Druckvorlagen erstellt, zu Motiven recherchiert, Layouts entwickelt sowie Druckgrafiken nachbearbeitet und unterzeichnet. Entstanden sind drei Risografien zu Ikonen des jugoslawischen Brutalismus. Außerdem arbeitete Tom Korn an einer fünfteiligen Serie von Hotelgebäuden im südfranzösischen La Grande-Motte.

Doch es entstehen noch weitere Druckgrafiken: Das Denkmal für Rosa und Karl aus Berlin oder die Dessauer Trinkhalle als grafische Essenz auf farbigem Karton. In Leipzig erprobte er ebenfalls in der Radierwerkstatt mit Kaltnadel und verschiedenen Ätzverfahren Bildideen in Druckvorlagen umzusetzen. Dabei entstanden einige Ansichten des Leipziger Wintergartenhochhauses oder des slowakischen Kioskmoduls K67. Im Gespräch mit Kevin Hanschke erklärt er, warum ihn solche Architekturen faszinieren.

Ihre Arbeiten, auch das Titelbild unserer Ausstellungskampagne, zeigen brutalistische Architekturen, verlassene Häuser und Meisterwerke der postmodernen Architektur. Warum verbinden Sie diese Themen?

Ich hatte für meine druckgrafische Serie verschiedene Anregungen – meine Heimat Havelberg, Utah, wo ich vor zehn Jahren einmal war, oder Südafrika. Es gibt viele Lost Places die mir bei all meinen Reisen und bei meinen Spaziergängen durch Städte und Dörfer vors Auge gekommen sind und die sich bei mir eingebrannt haben mit ihrer ganz besonderen Ästhetik. Das ist schon seit meiner Jugend so.

Warum sind Sie so von Architektur und „Lost Places“ fasziniert?

Oh, es war vor allem eine Reise nach Bad Saarow in Brandenburg, die mich darauf gebracht hat. Früher war der Ort ein Zentrum der Stahlindustrie mit einem riesigen Stahlgusswerk. Mit dem Zusammenbruch der DDR-Wirtschaft wurden hier viele Industrieanlagen dicht gemacht und die Gebäude nach der Transformation zu beobachten, wurde sehr interessant. Nach der Wende gab es in Ostdeutschland sehr viele Lost Places und der Kontrast zwischen der einstigen futuristischen Industriearchitektur und dem gleichzeitigen Verfall ist extrem spannend zu betrachten.

Ihre Drucke zeigen insbesondere Wohntürme und Fragmente von Großwohnsiedlungen. Wie prägen diese Ihre Arbeiten?

Sie erzeugen bei mir immer ein extremes Gefühl der Leere. Das ist in solchen Stadtlandschaften besonders stark, weil es oft sehr monumental ist von der Architektur her und man sich fehl am Platze vorkommt. Das übertrage ich auch auf meine Drucke, in denen das menschliche Leben fehlt und keine Figuren vorkommen.

Malerei und Siebdruck sind Ihre vorangingen Medien. Wie sind Sie zu denen gekommen?

Beide sind mir nahe, weil ich mich immer mit Farben beschäftigt habe. Ich habe zunächst den Beruf des Malers gelernt und war im Bereich des Bühnenbilds tätig. Ich habe Bühnen, ihre Eingangsportale, ihre Räume konzertiert, designt und bemalt – das fließt noch heute in meine Arbeiten ein. Da es beim Bühnenbildnern auch viel um Konstruktion geht und das eine sehr technische Mal- und Zeichenkunst ist, spiegelt sich auch das in meinen gezeigten Architektursiebdrucken.

Wie sah der Prozess zur Entwicklung der Drucke aus?

In meinem Konzept gab es eine ganze Reihe von Bildern. Wenige habe ich für die Kunststiftung abgewandelt. Die Werkphase mit diesen ähnlichen Arbeiten zieht sich seit Jahren. Die meisten der Vorarbeiten für die Drucke sind im Atelier entstanden. Doch die Grundideen stammen manchmal von früheren Reisen und Besichtigungen aus den Neunzigerjahren. Es geht bei mir immer auch um eine innere Reise in meinen Gedankenkosmos und meine Erinnerungen. Dennoch sind meine Malerei und der Druck sehr frei. Was dabei entsteht, basiert manchmal auch nur auf Assoziationen. Das alles ist bei mir sehr ergebnisoffen.



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