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Zyklus „Zelt“ I und II, Opus XIV

Max Klinger galt als Meister und Erneuerer der Druckgrafik. Im Jahr 1906 überstieg das öffentliche Interesse an seinem grafischen Werk sogar dasjenige von Dürer und Rembrandt (Statistiken der Graphischen Sammlung in München). Sowohl inhaltlich als auch stilistisch bewegte sich Klinger zwischen Tradition und Moderne. Traditionell war zum Beispiel die Verwendung der Auqatinta-Technik, damals in Deutschland fast schon vergessen. Dabei wird Asphalt- und Kolophonstaub auf eine Kupferplatte aufgeschmolzen und diese anschließend geätzt. Außerdem arbeitete er mit Strichätzung, Kupferstich und Schabkunst.

Unter dem Begriff „Griffelkunst“ fasste Klinger Zeichnung und Grafik zusammen; sie nahm eine besondere Stellung in seinem Werk ein. Bereits 1879, im Alter von 22 Jahren, hatte er begonnen, Radierungen nach eigenen Zeichnungen zu gestalten und in Zyklen zu bündeln. 14 davon mit etwa 300 Grafiken und 150 Einzelblätter und Exlibris hat er hinterlassen. In seinen Mappenwerken folgten die einzelnen Blätter einem gemeinsamen Thema oder erzählten eine Geschichte.

Sein „Zelt“-Zyklus, die Nummer XIV, besteht aus zwei Teilen mit insgesamt 46 Blättern. Von 1911 bis 1916 arbeitete Klinger daran, u. a. im „Radierhäuschen“ auf seinem Weinberg in Großjena. Ein Märchen wollte er erzählen, von dem er am Anfang der Arbeit selbst noch nicht wusste, wie es ausgehen würde. Ob er das Ende, nachdem er die letzte Platte fertiggestellt und das Märchen auserzählt hatte, wusste, muss leider im Dunkeln bleiben. Denn so ganz klar wird die Geschichte nicht, weder in ihrer Struktur noch im Inhalt: Eine junge Frau erlebt darin allerhand Abenteuer, grausame, fantastische, chaotische. Begehrt von Tieren und Menschen, jungen und alten beiderlei Geschlechts, zeigt Klinger sie in unterschiedlichsten Landschaften. In der Wüste, im Gebirge, an Wassern. Fabelwesen spielen eine Rolle, auch Zauberer. Ein roter Faden ist kaum ersichtlich, vielmehr werden viele kleine Geschichten erzählt. Grausam und zärtlich, sinnlich und verstörend muten die Grafiken an.

Dementsprechend gespalten war die öffentliche Meinung zu dem Werk. Seine künstlerische Meisterschaft lobten die einen, seine Einfachheit in Technik und Inhalt kritisierten die anderen. Bis heute wird „Zelt“ in der Rezeption des Künstlers stiefmütterlich behandelt, kaum ausgestellt und selten besprochen. Auch in Naumburg wird die Reihe, obwohl im Besitz des Museumsverein Naumburg e. V., erstmalig zu sehen sein.

 

Der Zyklus „Zelt“ ist zu sehen im Oberlandesgericht Naumburg, Domplatz 10

MO—DO 9—16 UHR, FR 9—12 UHR

Eintritt frei

Max Klinger: Zelt , Blatt 21, "Flucht"

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