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Michael Henschel

Grafiker

Arbeitsstipendium
März 2011 – August 2011

nulla dies sine linea

Kein Tag ohne Linie, das war das Ziel Michael Henschels während seines Stipendiums. Entstanden sind Papierschnitte und Zeichnungen für eine größere Raumsituation. In allen Arbeiten spielt das Thema Natur eine entscheidende Rolle: Zu sehen sind Fragmente architektonischer Strukturen in ruinenartigem Zustand, zurückerobert von der Pflanzenwelt. Die Flora als das unstillbar fortwirkende Prinzip des Lebens dominiert die Szenerie und lässt keinen Zweifel, dass das Wirken des Menschen hier schon eine Weile schweigt. Die Unbestimmtheit des Ortes lässt jedoch keine genaue räumliche und zeitliche Einordnung zu. Das Papierschnittpanorama besteht aus Einzelbögen, die es möglich machen, das entstehende Bild sukzessiv aufzubauen und flexibel zu handhaben – auch dies spiegelt das Sujet Natur und dessen Wandelbarkeit wider: die Installation kann sowohl schrumpfen als auch wachsen, um sich einer bestimmten Raumsituation anzupassen. Zusätzlich zu den Papierschnitten entstanden experimentelle, feine Bleistiftzeichnungen. Die ruhigen Szenerien richten ihren Blick auf das Vergehende und den flüchtigen Moment, der Fokus liegt auch hier meist auf abgebrochenen und vergangenen Architekturstrukturen, aber auch intaktem Stadtraum.

"Zivilisation und Natur waren die Themen Michael Henschels während seines Stipendiums: Der urbane Stadtraum flimmert in feinen Beistiftzeichnungen durch zarte Häkchen, Striche, Kringel – Strukturen, die sich in anderen Arbeiten verselbstständigen. Die intakte Architektur löst sich auf – das zivile Bollwerk gegen die vital wuchernde Natur trägt im Entstehen das Vergehen in sich. Abgrenzende Linien finden sich nur dort, wo Gebautes an Natürliches grenzt. Die Binnenräume der Pflanzen bleiben zu großen Teilen weiß und finden ihr gleichsam negatives Spiegelbild in den großen Papierschnitten. Spannung entsteht hier durch den unbestimmten Binnenraum und seiner lesbaren Kontur, durch Unbekanntes und damit Unheimliches im Kontrast zur klaren Linie. Der Blick wird durch die Schwärze suggestiv in die Tiefe gezogen, nimmt gefangen. Eine zeit- und ortlose Ruinenlandschaft wird von Wildwuchs überwuchert – die Zurückdrängung des chaotisch-natürlichen durch den Menschen ist gescheitert."

Ines Janet Engelmann, Kuratorin der Stipendiatenausstellung "Follow the Lines!"

Vita
1979 in Parchim geboren | 2001 – 2008 Studium an der Burg Giebichenstein Kunsthochschule Halle | 2008 Diplom | 2009 – 2013 freischaffend in Halle (Saale) tätig | lebt in München