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Inspiriert von „Christus im Olymp“ – Yorgos Sapountzis, Dom

„Christus im Olymp“ (1893–1896), Museum der Bildenden Künste, Leipzig

Das monumentale Raumbild „Christus im Olymp“ (1893-1896) löste schon bei seiner Präsentation auf der 3. Secessions-Ausstellung in Wien 1899 heftigste Kontroversen (von „anbetend in die Knie sinken“ bis „Effecthascherei ärgster Sorte“) aus. Mit der Verbindung der drei Gattungen Malerei, Plastik und Architektur zu einer Einheit nimmt es eine Sonderstellung unter Klingers Werken  ein. Mit dem dreiteiligen Gemälde mit hölzernem Rahmenwerk, Marmorsockel und zwei Marmorskulpturen thematisierte Klinger eine Versöhnung von heidnisch-antiken und christlichen Werten.

Yorgos Sapountzis interessiert die kühne inhaltlich-kulturelle Dimension dieses Werks: nämlich dass Klinger hier die griechische Götterwelt mit der christlichen Ikonographie zusammenführte. Er will dieser Vision nichts hinzufügen, sondern sie in die Gegenwart überführen: Er druckt das pathetische, altarhafte Gemälde Klingers auf Stoff und hängt diesen auf eine banale Holzwand, die zur Zeit einen Teil des Ostchores dem Blick entzieht. Yorgos Sapountzis, in Griechenland aufgewachsen, widmet sich in seinen Skulpturen, Installationen und Performances stets der Frage, wie kollektive Vergangenheit im öffentlichen Raum sichtbar wird, wie Vergangenheit neu belebt werden kann, wie harte Ablagen (zum Beispiel in Form von Skulpturen) heute sowohl mental wie physisch wieder bewegt/belebt werden können. Oft ist der Ausgangspunkt seiner Arbeiten das gegebene Archiv vor Ort: Denkmäler im Alltag. Mit seinen Interventionen aktiviert Sapountzis eine erstarrte und neutralisierte Geschichte mit Handlungs-Energien und macht sie einer öffentlichen Wahrnehmung und Nutzung zugänglich – nicht mit dem Pathos eines Max Klingers, sondern mit unseren alltäglichen Möglichkeiten. Vor dem Bild-Tuch an der Bretterwand posiert eine billige Schaufensterpuppe, eingehüllt in das Klingersche Motiv der westlichen Götterwelt. High und low, Warenwelten und Kulturräume vereinen sich in dieser Figur inmitten der vielen tausend Besucher des UNESCO-Weltkulturerbes.

 

Vita

Yorgos Sapountzis wurde 1976 in Athen (Griechenland) geboren. Er studierte an der Universität der Künste in Berlin. 2016/2017 lehrte er als Gastprofessor an der Hochschule für Bildende Künste, Hamburg. Neben zahlreichen Einzelausstellungen und Performances in Europa war er 2017 im Rahmen der Ausstellung „ANTIDORON. Die Sammlung des EMST“ an der documenta 14 in Kassel beteiligt. 2017 nahm er an der zentralen Ausstellung „Viva Arte Viva“ der 57. Biennale von Venedig teil, im selben Jahr auch an „PRODUKTION. made in germany drei“ in der Kestner Gesellschaft, im Kunstverein Hannover und im Sprengel Museum Hannover. 2012 wurde Yorgos Sapountzis mit dem Villa Romana-Preis ausgezeichnet.

https://www.villaromana.org/front_content.php?idart=371

 

"Christus im Olymp", Gesamtaufnahme (Zustand nach der Restaurierung)

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