Sind so schöne Hände
Wissenschaftler im Porträt - auf Fotos und in Interviews

2015 war da zunächst die Idee für ein Buch. Herlinde Koelbl hatte festgestellt, dass Wissenschaftler nicht oft kommunizieren. Oder nicht verständlich. Jedenfalls so, dass sie – zumindest bis Corona kam – in der Öffentlichkeit, der Gesellschaft kaum wahrgenommen wurden. Zudem hatte die Fotografin schon lange ein ausgeprägtes Interesse an der Verhaltensforschung, und so gerieten die Menschen hinter der Wissenschaft in ihren Fokus. „Die Wissenschaft in all ihren Facetten hat mein Gehirn besetzt“, sagte Herlinde Koelbl in einem Interview mit der ZEIT. Also recherchierte die Fotografin akribisch, las Bücher und Zeitungsartikel und legte sich schließlich auf 60 Männer und Frauen – einige von ihnen Nobelpreisträger, 22 von ihnen Leopoldina-Mitglieder – aus der ganzen Welt fest. Es gelang ihr, Zusagen von all ihren Erwählten zu bekommen; es gelang ihr – erstaunlich genug – auch, unter Einhaltung einer straffen Terminkette, alle Protagonisten zu fotografieren.
Und wie sie das tat! Mit zwei wasserfesten Filzstiften reiste die Fotografin an und bat die Forscherinnen und Forscher, das Besondere ihrer Arbeit, ihre Philosophie oder die Formel, für die sie ausgezeichnet wurden, auf die Hand zu schreiben. Und, so stellte sie fest, hatte damit offenbar einen Nerv getroffen – etwas Spielerisches, Neugieriges weckte sie in den Wissenschaftlern damit und schaffte es so, dass diese nicht nur als Vertreter ihres Faches aus dem Bild traten, sondern als Menschen, erfüllt von einer großen Leidenschaft.
Dieser Eindruck wird noch verstärkt von den zahlreichen offenen Gesprächen, die Herlinde Koelbl, eine sehr erfahrene und versierte Interviewerin übrigens, mit den Porträtierten führte. In den Filme erzählen die über ihr Leben und ihre Arbeit, über Hoffnungen und Rückschläge. Stefan Hell zum Beispiel, Nobelpreisträger für Chemie, musste 30 Bewerbungen schreiben, um überhaupt eine Stelle zu bekommen. Ein anderer Forscher berichtete, dass neun von zehn Experimenten scheitern – und dass man dies aber nicht grundsätzlich als Scheitern betrachten dürfe, sondern als Wegweiser in eine neue Richtung, in der man aus zurückliegenden Fehlern lernen könne.
Zum Projekt ist im Knesebeck-Verlag ein Buch erschienen: „Herlinde Koelbl: Faszination Wissenschaft. 60 Begegnungen mit wegweisenden Forschern unserer Zeit“








