Vergangenheit neu denken und gestalten

Im Rahmen mehrerer Expeditionen hat Wiebke Kirchner die landschaftliche sowie kulturhistorische Vielfalt in weiten Teilen Armeniens kennenlernen dürfen. Beim Besuch der archäologischen Ausgrabungsstätte im Geghama Gebirge hat sie die mittelbronzezeitlichen Drachensteine in ihrer ursprünglichen Umgebung ausführlich untersuchen können. Der Besuch unterschiedlichster Museen, sowie ein ausführliches Gespräch mit dem, zu den Drachensteinen forschenden, archäologischen Experten ließen ein Bild von den Relikten einer Kultur reifen, die ihre Geheimnisse denjenigen Preis geben, die nicht nur mit dem Verstand, sondern auch mit dem Herzen eintauchen möchten. Sie blickte auf eine Kultur in der die Verehrung des Wassers eine große Rolle spielt. Im Skizzen- und Notizbuch wurden die zahlreichen Eindrücke und Informationen festgehalten und verarbeitet. Die stets mitgeführte Fotokamera diente zur Sammlung von Bildmaterial für künftige Collagen und half ihr Ideen für die Umsetzung des Projektes festzuhalten. In der Stadt Gyumri führte sie einen fotografischen Künstlerworkshop zum Thema „Erinnerung“ durch. Dieser widmete sich dem Zeichensetzen und sollte den Teilnehmenden ermöglichen, sich selbst zur Geschichte in Bezug zu setzen. Nach diesen ersten Wochen voller intensiver Erfahrungen diente die verbliebene Zeit dazu, konkret an künstlerischen Formaten zu arbeiten. Hierfür suchte sie in Jerewan nach lokalen Partnern für den Druck einer Auswahl des gesammelten Bildmaterials auf mehreren Quadratmetern Klebefolie, um noch vor Ort beginnen zu können, diese kleinteilig zu zerschneiden und erste Collagen anzulegen. Als Träger für diese Collagen ließ sie sich von der mannigfaltigen Verwendung des Materials Plexiglas im urbanen Raum Armeniens inspirieren. Die verschiedenfarbigen Platten sowie die Nutzung diverser Folien bietet eine Materialkombination, welche für sie künstlerisches Neuland bedeutete. In der Reihe „aspects of impects“ findet diese ihren farbprächtigen Auftakt. Ein weiteres Interessenfeld öffnete sich durch die täglich Begegnung mit dem armenischen Schriftbild, welches in der Konzeptskizze „same but different“ deutlich wird. Zurück im halleschen Atelier begann die Umsetzung der zentralen Arbeit des Stipendiumvorhabens. Angelehnt an die dimensionale Wirkung und markante Form der Drachensteine skizziert eine etwa 2,70m große Konstruktion aus Holzlatten, die äußere Grundform der Plastik „Vishap“. Dieses Gerüst wird durchzogen von großformatigen beidseitig bedruckten Papierfragmenten mit einer intensiven Farbigkeit. Weitere Materialien wie farbig-transparente Wasserschlauchstücke, oder grobgeschlagenes tiefschwarz glänzendes Vulkanglas vervollständigen das von allen Seiten umgehbare Gebilde. Die archäologischen Kenntnisse über die Kultur der Wasserverehrung werden hierbei genauso kommentiert, wie Wissenslücken interpretiert – und Raum für Fantasie und Spekulation gelassen. Alle Arbeiten entstanden in Zusammenarbeit mit Thomas Kirchner.








