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Rolf Müller – ein Neuanfang mit 75 Jahren!

Von seinem internationalen Arbeitsstipendium, das ihn nach Armenien führte, zehrt Rolf Müller immer noch – auch heute noch entstehen Bilder, die auf den 2015 gezeichneten Skizzen beruhen. Armenien war das Traumziel Rolf Müllers, der Höhepunkt seiner vielen Reisen. Der Maler und Graphiker hat sich, damals 75jährig, mit diesem Stipendium noch einmal neu finden können, wie er sagt.

„Ich bin der Kunststiftung dankbar, dass sie, obwohl sie vor allem die jungen Künstler fördert, mir diesen Aufenthalt ermöglicht hat.“ Und dankbar sei er auch dafür, sagt Rolf Müller, dass ihm die organisatorischen Belange abgenommen wurden und er jegliche Freiheit genießen konnte. So wandelte er unter anderem, unterstützt von einem Einheimischen, auf den Spuren des Zeichners Heinrich Theodor Wehle, der zu Beginn des 19. Jahrhunderts gemeinsam mit Wissenschaftlern zur Erkundung von Bodenschätzen im kaukasischen Raum aufgebrochen war.

Die Ideen für seine Skizzen waren alle schon in seinem Kopf, als Rolf Müller sich um das Stipendium bewarb. Armenien hatte er, der sich für die Osten der Welt interessiert und bereits viele der ehemaligen Sowjetrepubliken bereist hatte, kurz nach der Wende das erste Mal besucht. Das Land hat ihn verzaubert: mit seiner Landschaft, ihrer ganz eigenen und teilweise vom Orient beeinflussten Architektur, dem sich seiner Wurzeln so bewussten Volk. Armenien sei das erste Land mit dem Christentum als Staatsreligion gewesen, noch acht Jahre vor Rom, und gleichzeitig vom Einfluss der Seidenstraße geprägt. „Diese Überschneidung der Kulturen ist heute noch sichtbar.“ Rolf Müller hat genau diese Überschneidungen, diese vielfältigen Eindrücke, festgehalten in seinen Zeichnungen.

Ausgerüstet mit seinem Skizzenbuch, Stiften, manchmal etwas Farbe, ist er gewandert. Fünf Uhr am Morgen ging er los, meist allein. Fand uralte Kirchen, nach armenisch-christlicher Tradition nicht ausgemalt, sondern innen und außen mit Reliefs geschmückt. Lernte Menschen kennen, die ihn in ihrer Freundlichkeit und Aufmerksamkeit zutiefst beeindruckten. Sah Landschaften „wie bei Homer“ und einen Himmel mit Farben, die er so noch nie gesehen hatte. Täglich zeichnete er ein Tagebuch-Blatt, 32 wurden es insgesamt. Seine Bilder spiegeln seine Eindrücke und Erlebnisse wider. Die Collage zum Beispiel, die aus in einer Pfütze schwimmenden Papierschnipseln entstanden ist und den Charakter des Regentages festhält. Oder das Blatt, auf dem er seine Eindrücke aus dem Museum festhielt, das Kinderzeichnungen aus aller Welt sammelt. Auf seinen Skizzen, sagt Rolf Müller, seien zeichnerische Organismen entstanden, angeregt durch die Landschaft und die damit verbundenen kulturellen Erfahrungen.

Außerdem hat sich der Stipendiat in Armenien mit dem Dichter und Übersetzer Hakob Movses beschäftigt. Ihn traf er in Armenien, und ihm verdankt Rolf Müller die Inspiration zur Einheit von Schrift und Bild, die sich auf vielen seiner Blätter findet. Eine gemeinsame Ausstellung von beiden Künstlern fand vor einigen Jahren bereits in Jerewan statt.

Zurückgekehrt aus Armenien ist Rolf Müller mit einem dicken Skizzenbuch und einem Bündel von Zeichnungen. Noch im vergangenen Jahr sind auf dieser Grundlage Pastellzeichnungen entstanden. 120 seiner Bilder, die der Künstler nach seinem Arbeitsstipendium gemalt hat, sollten in Kürze in der Galerie des Kulturhauses Leuna ausgestellt werden. Die Ausstellung konnte nun nicht stattfinden, wird aber im Frühjahr kommenden Jahres nachgeholt. Ein Neuanfang, so sieht es Rolf Müller, wieder einmal. So wie das Stipendium der Kunststiftung!

aus: "Land der Steine", Rolf Müller

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