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Pressemitteilung 25

Kulturpflanzenforschung in Keramik. Keramikkünstlerin Marie Luise Meyer erhält renommiertes „Artist In Lab“ Stipendium der Kunststiftung des Landes Sachsen-Anhalt und verbringt drei Monate am Leibniz-Institut für Pflanzengenetik und Kulturpflanzenforschung (IPK) in Gatersleben 

Halle (Saale), 2. Mai 2007. Der Stiftungsrat der Kunststiftung vergibt nach Sichtung einer Fülle von hochqualifizierten Bewerbungen das mit 6000 Euro dotierte „Artist-in-Lab-Stipendium an die Hallenserin Marie Luise Meyer. Das „Artist-in-Lab-Programm“ soll einen Knowhow-Transfer zwischen Kunst und Wissenschaft ermöglichen. „Die Gratwanderung zwischen Kunst und Wissenschaft, der fremde Blick auf die jeweils andere Wissens- und Erkenntnisform, das unmittelbare Aufeinandertreffen verschiedener Denkstrukturen regen neue Arten der Reflexion auf beiden Seiten an“, betont Manon Bursian, die Direktorin der Kunststiftung des Landes Sachsen Anhalt.

Ab dem 16. Mai möchte Stipendiatin Marie-Luise Meyer in Gatersleben (bei Quedlinburg) der Frage der Formen-vielfalt in der Natur nachgehen. „Ich will Pflanzenteile in Keramik schaffen, die wie ein Bausatz funktionieren und beliebig zusammengesteckt werden können. Wie in arglosen Zeiten der Kindheit, sind alle Teile dafür da, einen möglichst hohen Turm zu bauen, ohne einen eventuellen Einsturz bedenken zu müssen. Es sind keine Grenzen gesetzt und alles ist machbar. Ein schöner wie erschreckender Traum eines jeden Künstlers wie Wissenschaftlers“, erläutert die Keramikkünstlerin ihre Idee. Der Stiftungsrat der Kunststiftung war beeindruckt, dass hier aussergewöhnlicher Ansatz gefunden wurde, sich mit der Thematik der Pflanzenzüchtung, der Veränderung von Pflanzen und den Naturformen auseinander zu setzen.

Im „Artist-in-Lab“-Programm sollen ästhetische Ansätze und Produkte keinesfalls als bloßes schmückendes Beiwerk wissenschaftlichen Forschens und Wissens gesehen werden. Die Kommunikation und Interaktion zwischen Kunstschaffenden und Wissenschaftlern sollen neue Ebenen der Kreativität erschließen und zwar auf beiden Seiten. Marie Luise Meyer über ihre anstehende Erfahrung zwischen Wissenschaft und Kunst: „Im Leibniz-Institut für Pflanzengenetik und Kulturpflanzenforschung möchte ich erfahren, welche Formen und Farben die Natur nicht hervorbringen kann und wo auch der Wissenschaft Grenzen gesetzt sind. Gibt es mehrfach – gestielte Blüten, belockte Blütenblätter oder eine Pflanze mit greifenden Blättern? Ist es möglich, bunt karierte Staubblätter zu züchten? Und wozu?“ Schon der Prozess der Annäherung und Interaktion zwischen Kunst und Wissenschaft soll zeigen, dass es wissenschaftlicher wie künstlerischer Forschung gerade auch um eines geht: das Erkennen, Begreifen und Darstellen der jeweiligen Wirklichkeit.

Ob sich Kunst und Wissenschaft überzeugend zusammenführen lassen, ob die so verschiedenen Sinnsysteme wie Kunst und Wissenschaft zu neuen, durch die Verschmelzung ganz eigenen Darstellungsweisen finden, ob die Interferenzen von Kunst und Wissenschaft neue Potenziale eröffnen, können nur die Ergebnisse des Dialogs zeigen: Geplant ist eine Ausstellung mit den Keramikarbeiten von Marie Luise Meyer sowohl im Leibniz-Institut für Pflanzengenetik und Kulturpflanzenforschung (IPK) in Gatersleben als auch in der Stiftung Moritzburg – Kunstmuseum des Landes Sachsen-Anhalt im September diesen Jahres.

 

Das „Artist-in-Lab-Programm“

In diesem Einzigartigen Kunststipendium treffen Kunst und Wissenschaft sehr direkt in einem wissenschaftlichen Umfeld aufeinander. Um diese Prozesse in Gang zu setzen, begleiten Künstler drei Monate Forschung in Instituten von Weltniveau. Beide entdecken im Idealfall neue Wege zueinander und neue gemeinsame Territorien. Indem Künstlern aller Gebiete – Bildender und Darstellender Kunst, Literatur und Musik – die Türen für solch gemeinsames Arbeiten mit den Wissenschaften geöffnet werden, entsteht gleichzeitig die Möglichkeit, auf eine Vielzahl wissenschaftlicher Phänomene einzugehen. Die Resultate des Programms können sowohl in einem wissenschaftlichen Kontext (z. B. Laboratorium, Foyer, Hörsaal) als auch in einem Kunstumfeld (Galerie) präsentiert werden. Eine Kooperation zwischen Kunst und Wissenschaft wird zweimal pro Jahr vermittelt. Die Stipendienzeit dauert jeweils drei Monate, die Stipendiensumme 6.000 Euro.

 

Zu Marie Luise Meyer

In ihren bisherigen Arbeiten hat die Künstlerin auf überzeugende Art „Schaugerichte“ aus Keramik produziert, die als die zeitgenössische Variante einer Kunstform, schon im Alten Rom, in der Renaissance und besonders im Barock beliebt waren. Marie-Luise Meyers Arbeit sind oft origineller und zudem ironischer Kommentar zu diesem besonderen Teil europäischer (Angewandter) Kunst- und Kulturgeschichte. Auch wenn zum Beispiel „Gerichte“ oder „Pflanzenbaukasten“ als solitäre Stücke erscheinen (und als solches Bestand haben), lassen Sie sich als Teil einer Inszenierung denken. Anders als bei den barocken Vorbildern wird hier nicht mit der Irritation unserer Wahrnehmung gespielt.

 

Das „Leibniz-Institut für Pflanzengenetik und Kulturpflanzenforschung“ (IPK) in Gatersleben 

Das Gaterslebener Leibnizinstitut erarbeitet neue Erkenntnisse über Struktur, Funktion und Evolution des Erbmaterials im Vorfeld der Pflanzenzüchtung und bemüht sich gleichzeitig um die Erhaltung, Erforschung und Erschließung der erblichen Vielfalt von Kulturpflanzen. Beinahe surreal muten die riesigen Kühlhäuser an, in denen sich Einweckgläser mit etwa 148.000 Saatgutmustern stapeln – über 28.000 allein von Weizen. Die Formen- und Farbenvielfalt der Natur allein bei diesem Getreide ist verblüffend. Im 1997 gegründeten Pflanzengenom-Ressourcen-Centrum und in den Abteilungen ‘Molekulare Genetik’, ‘Molekulare Zellbiologie’ und ‘Cytogenetik und Genomanalyse’ wird die traditionelle Arbeit der Genbank mit den modernen Methoden der Molekularbiologie verbunden.

Seit seiner Gründung ist das Gaterslebener Institut stets auch Begegnungsort mit Künstlern und Schriftstellern gewesen. Regelmäßig finden Konzerte, Kunstausstellungen, Lesungen, Vortragsabende oder Filmvorführungen statt, die seit 1991 von der „Gesellschaft zur Förderung der Kultur in Gatersleben e.V“. organisiert werden. Besonders hervorzuheben sind die von 1986 bis 2003 veranstalteten „Gaterslebener Begegnungen“ zwischen Naturwissenschaftlern, Künstlern, Sozialwissenschaftlern und Politikern. Sie thematisierten die ambivalenten Folgen moderner Naturwissenschaften für die Gesellschaft und verdeutlichten in intensiven Diskussionen die ethischen Dimensionen unseres Handelns.

Weitere Infos: www.ipk-gatersleben.de

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