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Pressemitteilung 27

„Im Kaukasus“. Auf den Spuren von Heinrich Theodor Wehle (1778–1805). Oder wie Landschaften, Kulturen, Institutionen und Künstler sich auf neuen Wegen begegnen.

Jerewan/Halle, den 11. Juli 2007. Heute eröffnet die Ausstellung „Im Kaukasus“ im „Armenian Centre for Contemporary Experimental Art (ACCEA)“ in Jerewan, Armenien. Die Kunststiftung des Landes Sachsen-Anhalt hatte gemeinsam mit der Stiftung des Sorbischen Volkes den Hallenser Zeichner Florian Bielefeld und die sorbische Künstlerin Sophie Natuschke ausgewählt, um ein künstlerisches Reisestipendium in Armenien anzutreten. Einzige Vorgabe: Die beiden Künstler sollten auf den Spuren Heinrich Theodor Wehles (1778–1805) durch Armenien reisen und dessen schöpferische Arbeit in ihren Kunstwerken reflektieren und kommentieren. Wehle bereiste als erster europäischer Künstler den Kaukasus und Armenien und brachte on bis heute kostbares Konvolut von Landschaftszeichnungen in seine Heimat mit.

Die Direktorin der Kunststiftung Sachsen-Anhalt, Manon Bursian, spricht von einem aufregenden Spannungsfeld zwischen der Werk- und Rezeptionsgeschichte Wehlers und der künstlerischen Arbeit der beiden Stipendiaten. Der Künstler, der heute auf den Wegen Heinrich Theodor Wehles durch Armenien reist, arbeite im kreativen Spannungsfeld zwischen Damals und Heute: „Wie hat sich der Charakter der Landschaft erhalten oder verändert? Was bedeutet also eine bestimmte, der aufsteigenden Romantik verpflichtete Naturauffassung für heutige Augen vor den gleichen Motiv? Lassen sich tradierte Konstruktionsweisen gegenüber dem Sichtbaren, zumal wenn es etwas Fremdes ist, in eine Korrespondenz zum heutigen Sehen bringen?“

Die beiden Künstler erlebten ihre zweimonatige Entdeckungsreise ganz unterschiedlich: Das Instrumentarium der reisenden Reflexion ging dabei weit auseinander. Während Sophie Natuschke unentwegt vor Ort und in großer Unmittelbarkeit zeichnete, wich Florian Bielefeld in ein bildnerisches Speicherverfahren aus, das ihm den größtmöglichen Abstand zum Gesehenen erlaubte: Er fotografierte auf der Spurensuche Gegenden, Menschen, Motive und ließ die Stifte eher liegen. Die unterschiedlichen Methoden, Nähe in der Ferne herzustellen, führte zu Hause jedoch wieder zu völlig divergierenden Verfahren der künstlerischen Verarbeitung.

Beide Arbeitsweisen führten zu tourismusfernen Aussagen über die Begegnung mit einer unbekannten Landschaft und Kultur, erläutert Manon Bursian: „Die Relation zwischen Erlebnis und Ergebnis zeugt bei beiden von reueloser Unabhängigkeit des Gestaltens, weil sich Fremde anders nicht nahe bringen lässt. Man könnte auch sagen: Sie transferierten ihr Sehen in ein Denken, das ausgearbeitet vorlag. Armenien in den Zeichnungen zu finden, heißt deshalb für den Betrachter zuerst, sich der jeweiligen Bildfindungsstrategien der Stipendiaten zu vergewissern, um eine Erfahrung zu teilen, die sich aus dem Motiv allein nicht mitteilt.“

Der Ertrag dieser Stipendiaten-Exkursion liegt also in der minimalen, aber um so aussagefähigeren Differenz zwischen dem, was die Künstler an Vorgewusstem nach Armenien mitbrachten und im Vorgefundenen, das sich zu Hause als Neues aktivieren ließ. So wie Wehle das akademische Kompositionsschema einer „schönen Ansicht“ bestätigte, indem er es vor der wilden Aussicht vorsichtig durchbrach, haben Sophie Natuschke und Florian Bielefeld die Ausarbeitung ihrer Bildstrategien in Armenien bestimmten Einsprüchen ausgesetzt, die für sie zu unverhofften Perspektiverweiterungen führten. Und man darf gespannt sein, wohin die weitere Auseinandersetzung mit diesem Erlebnis führen wird.

2005 wurde das Schaffen Wehles mit einer Ausstellung und einer umfassenden Publikation ins Gedächtnis der Öffentlichkeit zurück gehoben. Anlass genug, dass Sachsen Anhalt, Repräsentant der Bundesrepublik in einem Kulturabkommen mit Armenien, die seit 1998 bestehende Partnerschaft zwischen den beiden Nationen mit einer besonderen Initiative zu beleben unternahm und bei der Gelegenheit eine Kooperation zwischen zwei deutschen Stiftungen wagte, die wiederum mit dem „Armenian Centre for Contemporary Experimental Art (ACCEA)“ in fruchtbare Kontakte traten.

Mehr Infos unter:
Armenian Centre for Contemporary Experimental Art (ACCEA)
http://www.accea.info

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