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Pressemitteilung 22

Sachsen-Anhalter Künstler ziehen in Samen-Bank – Kunststiftung Sachsen-Anhalt erneuert preisgekröntes Kunstprojekt „Artist in Lab“

Halle (Saale), 19. Januar 2007: Knowhow-Transfer zwischen Kunst und Wissenschaft

Jenseits der üblichen Grenzziehungen das Verhältnis von Kunst und Wissenschaft neu zu denken und zu gestalten, nach gleichen oder konträren Interessen zu fahnden, sich gegenseitig Anregungen zu geben, ist Ziel des Artist-in-Lab-Programms.

Die Gratwanderung zwischen Kunst und Wissenschaft, der „fremde Blick“ auf die jeweils andere Wissens- und Erkenntnisform, das unmittelbare Aufeinandertreffen verschiedener Denkstrukturen sollen neue Arten der Reflexion auf beiden Seiten anregen. So sollen ästhetische Ansätze und Produkte keinesfalls als bloßes schmückendes Beiwerk wissenschaftlichen Forschens und Wissens gesehen werden. Um diese Prozesse in Gang zu setzen, begleiten Künstler drei Monate Forschung in Instituten von Weltniveau. Die Kommunikation und Interaktion zwischen Kunstschaffenden und Wissenschaftlern sollen neue Ebenen der Kreativität erschließen und zwar auf beiden Seiten. Beide entdecken im Idealfall neue Wege zueinander und neue gemeinsame Territorien. Indem Künstlern aller Gebiete – Bildender und Darstellender Kunst, Literatur und Musik – die Türen für solch gemeinsames Arbeiten mit den Wissenschaften geöffnet werden, entsteht gleichzeitig die Möglichkeit, auf eine Vielzahl wissenschaftlicher Phänomene einzugehen.

Schon der Prozess der Annäherung und Interaktion kann zeigen, dass es wissenschaftlicher wie künstlerischer Forschung gerade auch um eines geht: das Erkennen, Begreifen und Darstellen der jeweiligen Wirklichkeit. Im Artist-in-Lab-Programm treffen Kunst und Wissenschaft sehr direkt in einem wissenschaftlichen Umfeld aufeinander. Die Resultate des Programms können sowohl in einem wissenschaftlichen Kontext (z. B. Laboratorium, Foyer, Hörsaal) als auch in einem Kunstumfeld (Galerie) präsentiert werden. Ob sich Kunst und Wissenschaft überzeugend zusammenführen lassen, ob die so verschiedenen Sinnsysteme wie Kunst und Wissenschaft zu neuen, durch die Verschmelzung ganz eigenen Darstellungsweisen finden, ob die Interferenzen von Kunst und Wissenschaft neue Potenziale eröffnen, können nur die Ergebnisse des jetzt startenden Dialogs zeigen.

Das Programm ist für zwei Jahre konzipiert. Pro Jahr wird zwei Künstlern eine Kooperation vermittelt. Die Stipendienzeit ist jeweils drei Monate, die Höhe 6.000 €.

 

Leibniz-Institut für Pflanzengenetik und Kulturpflanzenforschung (IPK) in Gatersleben
Die Domestikation von Pflanzen steht an der Wiege unserer Zivilisation, und nur durch erfolgreiche Pflanzenzüchtung war und ist eine ausreichende Ernährung zu sichern. Das Gaterslebener Leibnizinstitut erarbeitet neue Erkenntnisse über Struktur, Funktion und Evolution des Erbmaterials im Vorfeld der Pflanzenzüchtung und bemüht sich gleichzeitig um die Erhaltung, Erforschung und Erschließung der erblichen Vielfalt von Kulturpflanzen. Grundlage letzterer Arbeit ist eine der weltweit größten Lebendsammlungen von Kulturpflanzen (Genbank), die durch Archive mit Herbar- und Samenmaterial ergänzt wird.

Beinahe surreal muten die riesigen Kühlhäuser an, in denen sich Einweckgläser mit etwa 148.000 Saatgutmustern stapeln – über 28.000 allein von Weizen. Die Formen- und Farbenvielfalt der Natur allein bei diesem Getreide ist verblüffend. In regelmäßigen Abständen werden die Körner aus den Kühltruhen geholt und als Saatgut zur Vermehrung ausgebracht, um die Keimfähigkeit zu erhalten.

Wie der Leiter der Genbank Professor Andreas Graner erläutert „stellt die Erhaltung des Sammlungsmaterials nicht nur eine wichtige Maßnahme gegen den Verlust biologischer Vielfalt dar, sondern liefert in vielen Fällen auch das Ausgangsmaterial für vielfältige Forschungsarbeiten und die Züchtung verbesserter Kulturpflanzen“. Im 1997 gegründeten Pflanzengenom-Ressourcen-Centrum und in den Abteilungen ‘Molekulare Genetik’, ‘Molekulare Zellbiologie’ und ‘Cytogenetik und Genomanalyse’ wird die traditionelle Arbeit der Genbank mit den modernen Methoden der Molekularbiologie verbunden. Arbeitsschwerpunkt sind Getreide, insbesondere Gerste. Im vergangenen Jahr wurde in Gatersleben erstmals genetisch verändertes Winterweizensaatgut ausgebracht, was für heiße Diskussionen sorgte: Unverantwortlich finden es die Gegner, da sie die unkontrollierte Befruchtung unmanipulierter Pflanzen befürchten. „Wir wissen das zu verhindern“, sagen die Wissenschaftler und fügen hinzu, dass Auskreuzungen, selbst wenn sie vorkämen, keinerlei Gefahr für Gesundheit und Umwelt darstellen. Doch sie verharren nicht im Elfenbeinturm. Auch wenn die Fronten verhärtet scheinen, öfnnen sie sich der Diskussion und wollen die andere Seite nicht „davon überzeugen, ein Risiko sei tragbar oder unzumutbar“, sondern werben dafür „unterschiedliche Sichtweisen zuzulassen und durch Informationsangebote, fruchtbare Diskussionen und aktive Beteiligung am Entscheidungsprozess“ gemeinsam Lösungen zu finden. Die Ziele der Forscher sprechen für sich: Vermeidung von chemischen Dünge- und Schädlingsbekämpfungsmitteln, Anpassung von Kulturpflanzen an unterschiedliche Klimaverhältnisse, um damit einen Beitrag zur Ernährungssicherheit zu leisten. Außerdem arbeiten sie an der verstärkten Nutzung nachwachsender Rohstoffe.

Seit seiner Gründung ist das Gaterslebener Institut stets auch Begegnungsort mit Künstlern und Schriftstellern gewesen. Regelmäßig finden Konzerte, Kunstausstellungen, Schriftstellerlesungen, Vortragsabende oder Filmvorführungen statt, die seit 1991 von der „Gesellschaft zur Förderung der Kultur in Gatersleben e.V“. organisiert werden. Besonders hervorzuheben sind die von 1986 bis 2003 veranstalteten „Gaterslebener Begegnungen“ zwischen Naturwissenschaftlern, Künstlern, Sozialwissenschaftlern und Politikern. Sie thematisierten die ambivalenten Folgen moderner Naturwissenschaften für die Gesellschaft und verdeutlichten in intensiven Diskussionen die ethischen Dimensionen unseres Handelns. In der Nachfolge der „Gaterslebener Begegnungen“ fand im August 2006 das „Gaterslebener Gespräch“ statt, welches gemeinsam mit der Evangelischen Akademie Sachsen-Anhalt durchgeführt wurde.

Ein ganzes Spektrum zur künstlerischen Ver- und Bearbeitung öffnet sich in der eigenen kleinen Welt des IPK-Campus in der ländlichen Region bei Quedlinburg: Da sind die unendlich vielen Variationen von Formen und Farben, da sind die kontrovers diskutierten Fragen nach Verantwortung und Verantwortungslosigkeit sowohl bei Zulassung als auch bei Ablehnung gentechnischer Experimente. Hier tut sich dem Künstler ein ganzes Universum auf: formal und inhaltlich.

Bewerbung noch bis 12. März 2007 möglich.

Bewerbungsunterlagen und weitere Informationen sind unter Artist in Lab erhältlich oder Tel. 0345 – 21 25 90.

Weitere Informationen zum Leibniz-Institut für Pflanzengenetik und Kulturpflanzenforschung unter: www.ipk-gatersleben.de

Künstler, die vor der Bewerbung an einer Führung durch das IPK interessiert sind, melden sich bitte bis zum 15. Februar bei Frau Hüppauf (Tel.: 0345 2125938, E-Mail: info@kunststiftung-sachsen-anhalt.de) in der Kunststiftung des Landes Sachsen-Anhalt. Der Beginn des Stipendiums ist für Mai 2007 vorgesehen, jedoch sind nach Absprache zwischen Künstler und dem IPK auch andere Termine möglich. Für die Zeitdauer des Stipendiums kann ein Zimmer in einem der Gästehäuser gemietet werden.

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